Türkei:Verbiete und herrsche

Die Kurden-Partei HDP soll verboten werden - offenbar will Erdoğan so die Opposition schwächen.

Von Tomas Avenarius

Amtierende Präsidenten und Regierungschefs haben zwei Möglichkeiten, ihre Zukunft zu bestimmen. Die einen bitten die Bürger am Wahltag, ihre Stimmzettel in die Urne zu werfen. Danach regieren die Amtsinhaber weiter, oder sie räumen eben das Feld. Bei der zweiten Methode - jetzt kommt ein Modewort - wird die Abstimmung schon vorher in die erwünschte Richtung "gelenkt": Dann macht der Mann oder die Frau weiter, die bislang das Sagen hatte und es auf unbestimmte Zeit weiter haben will.

Was gerade in der Türkei geschieht, erinnert an Methode zwei. Im Jahr 2023 - möglicherweise schon früher - werden Präsident und Parlament neu gewählt. Warum also geht die Justiz ausgerechnet jetzt gegen die linke, prokurdische HDP vor, will deren Verbot vor Gericht durchsetzen? Die HDP ist die zweistärkste Oppositionspartei. Sie könnte bei Wahlen der Königsmacher sein.

Der offizielle Vorwurf gegen die Kurden-Partei lautet "Separatismus" und Unterstützung der terroristischen Untergrundgruppe PKK. Aber über die Nähe der Partei zur PKK wird seit Langem gestritten. Wichtiger ist derzeit wohl, dass der Mann, der seit 18 Jahren regiert, an Rückhalt verliert: Recep Tayyip Erdoğan. Da könnte es reizvoll sein, das Feld schon vor dem Wahlgang zu sortieren. Und sei es mit Hilfe der Justiz.

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