Österreich:Die Trendpolitiker

Die damalige ÖVP-Familienministerin Sophie Karmasin im September 2017 mit Sebastian Kurz, der kurz danach die Nationalratswahlen für die ÖVP gewonnen hat. (Foto: EIBNER/EXPA/Michael Gruber/imago/Eibner Europa)

Was lief alles falsch in der Zeit von Kurz? Die Verhaftung einer Ex-Ministerin zeigt's.

Von Cathrin Kahlweit

Ein ehemaliges Regierungsmitglied wird auch im skandalgeplagten Österreich nicht alle Tage festgenommen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Umfragen- und Inseratenkorruption unter anderem gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz und sein enges Umfeld; am Mittwoch ließ sie die ehemalige Familienministerin und Meinungsforscherin Sophie Karmasin festnehmen; am Freitag wurde bekannt, dass sie in Untersuchungshaft bleiben muss. Das ist starker Tobak - und könnte ein weiteres Indiz dafür sein, dass die Staatsanwaltschaft in den Ermittlungen gegen Kurz schnell vorankommt. Eine andere Beschuldigte hatte Karmasin schwer belastet, nun könnte sie selbst auspacken. Noch schweigt sie, dem Vernehmen nach.

Aber die Korruptionsstaatsanwaltschaft wirft Karmasin weit mehr vor als die Verabredung zum Betrug und die Veruntreuung von Steuergeldern, gemeinsam mit Vertrauten von Kurz. Die Meinungsforscherin soll über viele Jahre hinweg bei Angebot und und Abrechnung von Umfragen und Studien betrogen haben; auch die Qualität ihrer Arbeit steht infrage.

Solche Praktiken sind verwerflich. Aber sie werfen auch ein schlechtes Bild auf Ministerien und politische Akteure, die Steuergeld für Meinungsforschung sowie für von Umfragen gesteuerte Politik aus dem Fenster werfen. Es ist nicht nur teuer und peinlich, sondern auch gefährlich, wenn Regierungshandeln weniger auf internen Entscheidungsprozessen und rationaler Abwägung als auf volatilen Trends und dünnen Befragungen basiert. Und wenn zudem ganz offensichtlich das interne Controlling Mal um Mal versagt.

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