Isolationspflicht:So einfach ist es nicht

Lesezeit: 1 min

Natürlich wäre es für die Betriebe gut, wenn Infizierte ohne Symptome zur Arbeit gehen dürften. Doch das schafft nur neue Probleme.

Kommentar von Christina Berndt

Endlich Schluss mit der Gängelei, hin zu mehr Eigenverantwortung! So lautet der Subtext unter der Forderung der vier Landesgesundheitsminister, die Isolationspflicht zu lockern. Wenn Corona-Infizierte keine Symptome haben und nicht gerade in Kliniken oder Heimen tätig sind, sollen sie demnach mit dem Virus zur Arbeit gehen dürfen, sofern sie eine FFP2-Maske tragen.

Es ist schon richtig, dass der Zwang zur Isolation mitunter empfindliche Löcher in Betrieben reißt, weil so viele Menschen, die trotz Infekts im Vollbesitz ihrer Arbeitskräfte sind, von Staats wegen zu Hause rumsitzen müssen. Insofern klingt der Vorstoß zunächst logisch, zumal die allermeisten Menschen im Land kaum noch Angst vor einer Ansteckung haben müssen, weil sie durch Impfung oder Infektion gut vor einem schweren Verlauf geschützt sind.

Die aktuelle Virusvariante macht wieder stärker krank

Und dennoch ist es naiv zu glauben, dass eine beschränkte Isolationspflicht die Löcher in den Firmen stopfen könnte, sie würde sie vielmehr weiter aufreißen. Die aktuelle Virusvariante BA.5 macht wieder stärker krank als ihre Vorgänger, kaum jemand infiziert sich noch symptomlos. Selbst Junge und Geimpfte müssen mit BA.5 meist einige Tage zu Hause bleiben - und das ganz ohne Isolationspflicht: Sie sind einfach zu krank, um zu arbeiten.

Krankheitsbedingte Arbeitsausfälle werden somit in der kalten Jahreszeit noch ein echtes Problem werden - und dieses Problem wird mit einer kastrierten Isolationspflicht nur größer, weil diejenigen, die kaum etwas von ihrem Infekt spüren, bei der Arbeit eben doch andere anstecken, die wiederum ausfallen. Statt Infektionen zu marginalisieren, wäre es daher auch mit Blick auf andere Erkrankungen wie Influenza wichtig, einen Kulturwandel beim Thema Arbeit und Infekt anzustoßen. Bei Infekten steht nämlich gar nicht die Eigenverantwortung im Vordergrund, es geht um Verantwortung für andere. Kollegial ist, wer mit seinen Viren zu Hause bleibt. Denn auch wenn man selbst kaum Symptome hat: Die Menschen, die man ansteckt, trifft es womöglich hart.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: