Bundeswehr:Der große Bluff

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Die deutsche Armee ist in einem verheerenden Zustand. Und das lässt vor allem die Vorgängerregierungen schlecht dastehen.

Kommentar von Mike Szymanski

In einem Punkt ist die sicherheitspolitische Zeitenwende, die Kanzler Olaf Scholz versprochen hat, in jedem Fall schon eingetreten: Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat keine Hemmungen mehr, Auskunft über den Zustand der Bundeswehr zu geben. Vergangene Woche packte sie auf großer Bühne aus - im Plenum des Bundestags.

Von 51 Kampfhubschraubern vom Typ Tiger könnten lediglich neun abheben, vom modernen Schützenpanzer Puma, von dem 350 angeschafft wurden, seien nur 150 einsatzbereit. Diese Woche offenbarte sie, dass von 119 Panzerhaubitzen nur etwa 40 im Ernstfall wirklich genutzt werden könnten. Damit ist die Bundeswehr nun wirklich nicht zur Verteidigung in der Lage.

Lambrechts Auftritt ist ein bemerkenswerter Vorgang, denn erstens waren solche Zahlen in den vergangenen Jahren als "geheim" eingestuft worden. Andere Länder sollten keine Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit der Bundeswehr ziehen können. Und zweitens belegen sie, wie dreist das Ministerium in den vergangenen Jahren in den öffentlich zugänglichen Berichten die Lage in der Bundeswehr geschönt hat. Zur Wahrheit gehört nämlich auch: In der schwarz-roten Vorgängerregierung wollte man auch lieber nicht so genau Bescheid wissen, andernfalls hätte man längst handeln müssen.

Ein Beispiel: Die Panzerhaubitzen wurden einer Gruppe von verschiedenen Waffensystemen zugeschlagen, über die es Anfang des Jahres noch hieß, die Einsatzbereitschaft liegen mit durchschnittlich 76 Prozent bei "einem verlässlich hohen Wert". In diesem Bereich bewege sich auch die Einsatzbereitschaft über alle betrachteten Waffensysteme hinweg. Das gelingt aber nur deshalb, weil Hunderte nagelneue Lkws eingerechnet wurden, die die Bundeswehr bekommen hat. Um es kurz zu machen: Die Berichte aus den vergangenen Jahren waren allesamt ein großer Bluff. Die Lage ist noch viel schlimmer als gedacht.

Bevor nun 100 Milliarden Euro zusätzlich in die Bundeswehr investiert werden, muss die Regierung so ehrlich sein und aufhören mit geschönten Bestandsaufnahmen. Denn nur so weiß man, wo in der Truppe das Geld wirklich gebraucht wird.

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