Aktuelles Lexikon:Weiße Fahne

Völkerrechtlich anerkanntes Symbol der Kapitulation sowie des Schutzes von Parlamentären - nun vom Papst zum Ärger der Ukraine vorgeschlagen.

Von Ronen Steinke

Die Ukraine solle doch bitte den "Mut zur weißen Fahne" finden, das hat Papst Franziskus in einem Interview, das schon ein paar Wochen zurückliegt, aber erst jetzt veröffentlicht wurde, vorgeschlagen. Damit hat das Kirchenoberhaupt auf eine Gepflogenheit in Kriegen angespielt, die bis in die Antike zurückreicht. Schon im alten Rom oder auch im China der Han-Dynastie - kurz nach Christi Geburt - soll das Schwenken einer weißen Fahne die Bereitschaft zur Kapitulation signalisiert haben. Seit 1907 ist dieser Brauch in westlichen Staaten auch rechtlich kodifiziert, im Artikel 32 der Haager Landkriegsordnung ist außerdem von den Trägern weißer Fahnen als "Parlamentären" die Rede, die der Gegenseite ein Angebot unterbreiten: "Parlamentär ist, wer von einer der Kriegsparteien bevollmächtigt ist, in Unterhandlungen mit der anderen Partei zu treten, und sich mit der weißen Fahne zeigt. Er ist unverletzlich, ebenso der ihn begleitende Trompeter, Hornist oder Trommler, Fahnenträger und Dolmetscher." Im aktuellen Ukrainekrieg zieht die Kiewer Regierung es indes vor, den russischen Aggressoren und auch den Papst daran zu erinnern, dass man ungeschlagen sei: "Unsere Flagge ist gelb und blau", teilte der Außenminister Dmytro Kuleba mit. "Eine andere werden wir nie schwenken."

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