Aktuelles Lexikon:Völkerstrafgesetzbuch

Dank dieser Paragrafen können syrische Folterknechte ebenso von deutschen Gerichten belangt werden wie russische Kriegsverbrecher.

Von Ronen Steinke

Der größte Erfolg für den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, so hat es dessen erster Chefankläger, der Argentinier Luis Moreno Ocampo, in den frühen 2000er-Jahren gesagt, wäre erreicht, wenn die Juristen dort den ganzen Tag nur Däumchen drehten und Zeitung läsen. Denn der Gerichtshof ist zwar zuständig für die Verfolgung der schwersten Verbrechen auf dem Globus - Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und neuerdings auch das Anzetteln eines Angriffskriegs. Aber er darf sich nur dann einschalten, wenn die einzelnen Staaten nicht selbst "willens oder in der Lage" sind, ordentlich zu ermitteln. Kurz: Den Staaten gebührt der Vorrang. Deutschland bemüht sich, sich "willens" zu zeigen. Damit es auch "in der Lage" ist, hat der Bundestag im Jahr 2002 ein Völkerstrafgesetzbuch verabschiedet, das internationale Regeln ins deutsche Recht adaptiert. Paragraf 1, Satz 1 lautet: "Dieses Gesetz gilt für alle in ihm bezeichneten Straftaten gegen das Völkerrecht (...) auch dann, wenn die Tat im Ausland begangen wurde und keinen Bezug zum Inland aufweist." Auf dieser Grundlage verfolgen deutsche Gerichte bereits syrische Folterknechte. Und auf dieser Grundlage könnten sie in Zukunft auch russische Kriegsverbrecher zur Verantwortung ziehen; darauf hofft zum Beispiel der Justizminister Marco Buschmann (FDP).

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