Aktuelles Lexikon:Junktim

Zwei Entscheidungen, unverbrüchlich miteinander verbunden - bis die Geschichte sie eines Besseren belehrt.

Von Joachim Käppner

Wenn der Bundeskanzler sagte, man werde Leopard-2-Kampfpanzer nur dann an die Ukraine abgeben, wenn die USA ihrerseits vergleichbare Abrams-Modelle dorthin lieferten, nennt man das gemeinhin ein Junktim. Wenn nun der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius ausführt, er kenne kein solches Junktim, hilft vielleicht ein Blick in die Geschichte des Wortes. Es stammt ab vom lateinischen iungere, verbinden oder vereinigen. Ein Junktim ist die Verbindung zweier Entscheidungen miteinander, etwa in der Diplomatie eine Verkoppelung mehrerer Verträge. Kurz: Man kann das eine nicht ohne das andere haben. In der katholischen Kirche etwa besteht ein so bezeichnetes und viel beklagtes Junktim zwischen Priestertum und Zölibat. In rechtlichen Verträgen ist von einer Junktim-Klausel die Rede, wenn zwei Regelungen grundsätzlich zusammenhängen. Also was nun: Gibt es ein Panzer-Junktim oder nicht? Die Logik spricht für den Kanzler, die Geschichte für Pistorius: So pochte Konrad Adenauer auf ein Junktim zwischen dem Deutschlandvertrag über die Rückerlangung der Souveränität und dem Beitritt der Bundesrepublik zur Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVP). 1954 fuhr die EVP für immer an die Wand, die Souveränität kam trotzdem. Junktims, die eben noch felsenfest erschienen, sind morgen schon vergessen.

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