ZDF-Film über Komasaufen:Rausch ohne Bedenken

Lesezeit: 1 min

Der ZDF-Film "Tödlicher Rausch" zeigt übermäßigen Alkoholkonsum nicht als Problem gelangweilter Jugendlicher, sondern als generationenübergreifende Freizeitbeschäftigung in der deutschen Provinz.

Katharina Riehl

Am Morgen nach dem Dorffest liegt der 16-jährige Florian im Straßengraben und atmet nicht mehr. Vier Promille hatte er im Blut, wird man später seiner Familie sagen - vier Promille, die seinen Kreislauf zusammenbrechen ließen. Florian hat nicht alleine getrunken, auch nicht mit seinen Freunden aus der Schule. Der Film Tödlicher Rausch beginnt mit einer Rückblende: Ein paar Männer sitzen mit dem Teenager in einer Kneipe - einer von ihnen, der Dorfpolizist Georg (Fritz Karl), tritt gegen ihn zum Wetttrinken an. Und der Wirt Karl (Heinz-Josef Braun) hat keine Bedenken, den Schnaps an den Jungen auszuschenken.

Nina will die Wahrheit über den Tod ihres Bruders erfahren - doch die ist viel komplizierter als die Bereitschaft zum Trinkwettbewerb. (Foto: Christian Hartmann)

Tödlicher Rausch, produziert von Uli Aselmann ( Winterreise), erzählt vom Komasaufen, aber nicht als Problem einer Generation von Jugendlichen, die sich in Diskotheken gezielt um ihr Bewusstsein trinken. Der Film erzählt vom Komasaufen als Problem des deutschen Dorfes, in dem der Rausch in der einzigen Kneipe und auf dem Feuerwehrfest eine generationenübergreifende Freizeitbeschäftigung ist. Regisseur Johannes Fabrick gelingt es, dieses Dorf, seine Menschen und das Drama um den toten Jungen zu einer schlüssigen Einheit zu verweben: die Langeweile auf dem Land, die Sehnsucht nach mehr Freiheit; die Nähe zwischen den Bewohnern, die sich alle von klein auf kennen und doch wieder nicht; und natürlich die Selbstverständlichkeit, mit der Teenager in Anwesenheit der Erwachsenen Obstler in sich hineinschütten.

Vielleicht hätte der Film auch einfach als trübsinnige Dorfstudie funktioniert, weshalb es unnötig konventionell wirkt, dass die Geschichte in der Struktur eines Kriminalfalls erzählt wird. Zwar steht für den Zuschauer Georg als Schuldiger von Anfang an fest, trotzdem wird die Handlung von Ermittlungen vorangetrieben. Florians Schwester Nina (Lisa Maria Potthoff) glaubt nicht an das, was behauptet wird: dass ihr Bruder sich aus Frust alleine aus dem Leben gesoffen hat. Sie forscht also nach im Dorf, verliebt sich ausgerechnet in ebenjenen Polizisten Georg - und wirkt dabei wie eine (sehr hübsche) Miss Marple, die im gerechten Kampf gegen den moralischen Morast ihre detektivische Ader entdeckt.

Nina will um jeden Preis die Wahrheit über das herausfinden, was in jener Nacht geschah. Doch die Wahrheit dieses Dorfes ist viel komplizierter als Georgs Bereitschaft zum Trinkwettbewerb. Der Film deutet das alles an - und ordnet es am Ende doch dem Ziel unter, nach 89 Minuten einen Täter zu überführen.

Tödlicher Rausch, ZDF, 20:15 Uhr

© SZ vom 12.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: