TV-Tipps zum Wochenende:Unterschätzte Juwele

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Zwei Kopfgeldjäger (links John Ashton, rechts Robert De Niro) sind einer zu viel - vor allem wenn der schüchterne Mann in der Mitte (Charles Grodin) beim "Midnight Run" auch vom FBI dringend gesucht wird. (Foto: Ronald Grant/imago images)

In den spannendsten Filmen des Fernsehwochenendes werden aus den meisten Helden am Ende bessere Menschen. Zu verdanken haben sie das einer Reihe Anarchisten vor und hinter der Kamera.

Von Milan Pavlovic

Midnight Run

Action-Komödie, SWR, Samstag, 23.30 Uhr

Robert De Niro und lustig? Das konnte das breite Publikum 1988 kaum glauben, deshalb wurde Midnight Run unverdientermaßen ein Flop. De Niro spielt den ehemaligen Cop Jack, der als Kopfgeldjäger fünf Tage Zeit hat, den Mafia-Buchhalter Mardukas von Ost nach West zu schaffen. Charles Grodin spielt den netten Gesuchten mit guten Manieren und einer gesunden Lebenseinstellung. Auf dem abenteuerlichen Weg gen Westen verwandelt er den nörgelnden, rauchenden, fluchenden, hinterrücksen Jack in einen besseren Menschen. Der Film ist wie seine herrlichen Hauptdarsteller: so unaufdringlich und beiläufig, dass man seine Feinheiten beim ersten Sehen unterschätzen kann. Aber die Zeit hat für dieses Juwel gearbeitet. Und De Niro? Wurde später auch als Komödiant beliebt, etwa in Meet the Fockers (2004).

Tully

Tragikomödie, Servus TV, Samstag, 20.15 Uhr

Marlo ist fertig. Die Geburt ihres dritten Kindes hat die Blondine ausgezehrt. Ihr Körper ist außer Kontrolle, der Ehemann desinteressiert, der Nachwuchs vor allem nervig. Es kostet Marlo trotzdem unendlich viel Überwindung, um zuzugeben, dass sie Hilfe braucht. Auftritt Tully, das Ideal einer Nanny: schnell, unauffällig, immer einen Schritt voraus, im Grunde zu gut, um wahr zu sein. Die beiden freunden sich an. Das Zusammenspiel der jungen Mackenzie Davis ( Der Marsianer, Blade Runner 2049) mit Charlize Theron ist traumhaft. Theron, die in Mad Max: Fury Road und Atomic Blonde unsagbar taff war, ist so mutig, anfangs völlig aus dem Leim zu gehen. Der Trick ist natürlich, dass all die Schwächen sie noch heroischer werden lassen. Und Regisseur Jason Reitman findet nach der ätzenden Moralpredigt #zeitgeist zurück zur Form von Filmen wie Up in the Air und Juno.

Ferris macht blau

Komödie, SWR, Samstag, 20.15 Uhr

Der Held dieser Teenager-Hymne tut viel, um faul zu sein. Ferris (Matthew Broderick) wirkt anfangs bummelig und parasitär, doch in Wahrheit lehnt er sich auf, gegen die Bürokratie und die Fantasielosigkeit. Der begnadete Manipulator vereint Streber und Schwänzer, Freaks und helle Köpfe, entlarvt die schmierige Seite von wichtigtuerischen Erwachsenen und fährt dem Steuben-Umzug in die Parade, wenn er auf den Straßen von Chicago "Twist & Shout" singt. Ferris Bueller (sprich: Bjuller) ist ein Anarchist, wie ihn das Kino selten erlebt hat. Direkt im Anschluss (22 Uhr) läuft, ebenfalls aus der Feder von John Hughes, die grübelnde Klassenstudie The Breakfast Club: schematischer, aber immer noch sehr liebevoll wird beobachtet, wie eine Gruppe von Nachsitzern zusammenwächst. Etwas wehmütig stimmt, dass keiner der Darsteller je besser wurde.

Der mit dem Wolf tanzt

Western, Arte, Sonntag, 20.15 Uhr

Kevin Costner war Ende der Achtziger nach vier ungewöhnlichen Hits in Serie (von den Untouchables über No Way Out bis Bull Durham und Feld der Träume) gerade erst als Star etabliert, als er alles aufs Spiel setzte: für einen Öko-Western, den er erst kaum finanziert bekam, weil Western gerade mal wieder out waren; dessen Kosten und Länge aus dem Ruder zu laufen drohten; und der die Zuschauer mitunter minutenlang zwingt, Untertitel zu lesen, weil der zivilisationsmüde Lieutenant Dunbar (Costner) in der Prärie schüchtern Kontakt zu einigen Sioux aufnimmt. Als in Hollywood das Wort die Runde machte, der Film sei über vier Stunden lang, kamen sich Studiobosse, die das Projekt abgelehnt hatten, sehr klug vor. Der Rest - sieben Oscars, Millionen verzückte Zuschauer weltweit - ist Legende. Arte zeigt heute die kurze Dreistunden-Version.

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