TV-Kritik zu Günther Jauch:Mit flachen Witzen gegen den #aufschrei

Sexismus in Deutschland: Thema bei Günther Jauch

Sexismus-Debatte: Günther Jauch mit Anne Wizorek, die das Twitter-Schlagwort #aufschrei prägte.

(Foto: dpa)

"Soll man einer Frau auf den Busen schauen?", fragt Jauch. "Ja", antwortet Karasek. Statt über Sexismus zu diskutieren, spöttelt sich der Moderator durch die Sendung und lässt seine Gäste fleißig die Debatte demontieren. Allen voran eine Frau, die eigentlich Vorbild sein müsste.

Eine TV-Kritik von Lena Jakat

Gäbe es eine Gebrauchsanweisung für eine politische Talkshow, so stünde darin: "Nimm deine Gäste ernst, oder zumindest das Thema der Diskussion. Nimmst du auch das nicht ernst, lass es deine Zuschauer wenigstens nicht merken." Wie es aussieht, wenn diese Regel missachtet wird, war am Sonntagabend in der ARD zu beobachten. "Hat Deutschland ein Sexismus-Problem?": Diese Frage hatte Günther Jauch über seine Sendung geschrieben - und ließ keinen Zweifel daran, welche Antwort er am liebsten direkt selbst darauf gegeben hätte.

Natürlich, Jauch sagte nicht: "So ein Quatsch." Er sagte: "Ist es fair, dass Clinton beliebter ist als Brüderle, der ja fast als deutscher Strauss-Kahn gilt?" Er witzelte: "Frau Schwarzer, Sie haben mich schon wieder enteiert." Er fragte: "Soll man einer Frau noch auf den Busen gucken?" Kommentare, die möglicherweise als charmante Provokationen hätten durchgehen könne. Wäre der Tonfall zehn Lichtjahre weniger spöttisch gewesen.

Totgekalauerte Titten-Frage

Mit dem richtig plumpen Abwürgen einer ernsthaften Diskussion über alltägliche Diskriminierung des Geschlechts wegen musste sich der Vorzeige-Moderator nicht abgeben. Dafür hatte er ja Gäste eingeladen. Hellmuth Karasek, der die Titten-Frage mit einem "Ja, das soll man sogar" totkalauerte. Und Wibke Bruhns.

Frauen, die glauben, dass an alltäglichem Sexismus nicht nur "was dran zu sein scheint", wie Karasek, sondern, dass es sich um ein reales Problem handelt, das eine reale Diskussion verdient hat, freuen sich über Männer wie Stern-Chefredakteur Thomas Osterkorn. Der saß zwar vor allem im Fernsehen, um sein Magazin zu verteidigen (schließlich hatte Laura Himmelreichs Stern-Artikel über Rainer Brüderle die Diskussion maßgeblich mit angestoßen). Der sagte aber auch kluge Dinge wie: "Wir Männer sollten uns so verhalten, wie wir uns wünschen, dass man unseren Frauen und Töchtern begegnet."

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