TV-Kritik: Let's Dance:Zwei dicke Überraschungen

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XL schlägt XS - und das schon seit Wochen. Bei der öffentlichen TV-Tanzstunde haben sich Maite Kelly und Klausi Beimer in die Herzen der Zuschauer getanzt - mit Spaß und Takt. Für eine Wiederholungstäterin kam endlich das Aus.

Verena Wolff

Es wird wieder getanzt im Privatfernsehen - seit ein paar Wochen schon lassen sich mehr oder minder prominente Musik- und Fernsehschaffende von Profitänzern über das Parkett schieben. Einige sind - sehr zu Recht - schon früh ausgerutscht auf der glatten Unterlage und haben sich verabschiedet: Die ehemalige Boxerin Regina Halmich zum Beispiel, die angetreten war, ihre weibliche Seite zu zeigen. Sie hatte nur in der ersten Folge der Show dazu die Möglichkeit - und nutze sie nicht. Abgewählt und ausgeschieden.

Maite Kelly und Christian Polanc. Die Sängerin und Musicaldarstellerin Kelly hat so mancher ihrer dünnen Konkurrentinnen gegenüber einen Riesenvorteil: Sie hat Rhythmus im Blut. (Foto: Getty Images)

Ebenfalls raus, weil vollkommen tanzunbegabt: Tim Lobinger, Stabhochspringer. Auch die nach eigenen Worten tanzbegeisterte Schauspielerin Andrea Sawatzki schaffte es nicht über die dritte Folge hinaus.

Aber es gibt zwei faustdicke Überraschungen, auf die wohl vor Beginn der Show niemand gewettet hätte: Maite Kelly, zweitjüngstes Kind der gleichnamigen Familie von Folksängern, und Moritz A. Sachs, der Klausi Beimer aus der Lindenstraße. Beide Anfang dreißig, beide zu Beginn der Tanzshow mit etwas mehr als nur einem Wohlstandsbäuchlein ausgestattet und in den vergangenen Wochen deutlich erschlankt.

Beiden haben offenbar nicht nur bei der Fangemeinde, die allwöchentlich per SMS für die Kandidaten stimmt, einen dicken Stein im Brett. Auch die Juroren, darunter der schon immer sehr gestrenge Joachim Llambi, sind voll des Lobes für die fülligen Tänzer, die sich allwöchentlich mit der gebotenen Leichtigkeit, großem Rhythmus und viel Gefühl über das Parkett bewegen.

Schon in der ersten Show konnte sich der bärtige Schauspieler aus der Lindenstraße gegen die deutlich trainiertere Konkurrenz durchsetzen: Mit einem langsamen Walzer überzeugte er Publikum und Jury gleichermaßen. Tanzlehrer Llambi ätzte durchaus anerkennend: "Dein Onepack war drei Klassen besser als das Sixpack gerade" - das von Tim Lobinger.

Auch der Neuling unter den Juroren, Roman Frieling, sah das ähnlich: "Obwohl du dich bewegst wie ein Kühlschrank und drehst wie ein Ei, bist du hier mit Abstand der beste Mann auf der Tanzfläche", sagte er.

Klausi lächelte und lernte. Und steht im Halbfinale. Heimlicher Star der Sendung allerdings ist wohl Maite Kelly - zu Beginn stach sie vor allem wegen ihrer Kurven zwischen den XS-Damen, angeführt von der blondgefärbten Moderatorin Sylvie van der Vaart und Matthäus-Ex Liliana, die schon rausflog und dann wiederkam, heraus.

Melissa Ortiz-Gomez und Moritz A. Sachs. "Obwohl du dich bewegst wie ein Kühlschrank und drehst wie ein Ei, bist du hier mit Abstand der beste Mann auf der Tanzfläche", sagte einer der Juroren über den Schauspieler Sachs. (Foto: Getty Images)

Woche für Woche allerdings überzeugt sie auf der Tanzfläche, mal mit einem rockigen, flotten Jive, mal mit einer gefühlvollen Rumba, mal mit einem romantischen Wiener Walzer. Nah am Wasser ist sie gebaut, die hellblonde Kelly-Tochter, die verheiratet ist und zwei kleine Töchter hat. Schon in Folge eins gestand sie in einem kleinen Einspielfilm, den Tränen nahe, dass ihr Balletttrainer sie als Kind aus dem Unterricht schickte - denn mit ihrem Gewicht könne sie nie eine Ballerina werden.

Immer wieder sagt Maite, dass sie niemals damit gerechnet habe, so lange dabeizubleiben in der Show. Im jüngsten Spiegel gab sie gar zu Protokoll, sie sehe sich - auch wegen ihrer fülligen Figur - "als eine Symbolfigur für alle Unterschätzten". Das mag so sein - jedenfalls rechnet man als geneigter Zuschauer einer öffentlichen Tanzstunde nicht damit, dass die vermeintlich Unsportlichen nach tagelangen, zehrenden Trainingssitzungen die beste Show abliefern.

Tun sie aber. Konstant, Woche für Woche. In den Standardtänzen ebenso wie in den lateinamerikanischen. Die Sängerin und Musicaldarstellerin Maite allerdings hat so mancher ihrer dünnen Konkurrentinnen gegenüber, quasi von Berufs wegen, einen Riesenvorteil: Sie hat Rhythmus im Blut. Eine Maite Kelly tanzt nicht am Takt vorbei, so wie das Liliana Matthäus und der selbsternannte "Checker", Thomas Karaoglan, so eindrucksvoll bei ihrem Jive respektive einem Cha-Cha-Cha präsentierten.

Wer keinen Rhythmus in der Musik hört, kann auch keine synchronen Schritte tanzen. Und schon sieht alles ein bisschen albern aus - vor allem, wenn sich die Profis an der Seite der Mittelprominenten weiterhin alle Mühe geben, obwohl sie ihre Partner eigentlich schon während der ersten Takte verloren haben. Albern auch: Das Moderatoren-Duo. Was einst wirklich Spaß machte - einst, mit Hape Kerkeling und Nazan Eckes, die sich liebevoll auf die Schippe nahmen -, ist inzwischen nur noch anstrengend.

Eine Fußballergattin, die allzu tiefes Dekolleté mit allzu hohem Saum und Löchern im Kleid kombiniert, deren Deutsch in seiner Verständlichkeit allzu sehr an das von Louis van Gaal oder Frau Antje erinnert, kostet den Zuschauer Nerven. Offenbar verbringt die junge Frau mit der lauten Stimme zudem recht viel Zeit in einem schwedischen Möbelhaus - oder sie arbeitet mit dessen Werbeagentur zusammen: Das Idiom jedenfalls ist dasselbe. Ihr erster Satz des Abends und nach jeder Werbeunterbrechung: "Hi! Du guckst Let's Dance."

Diese "Du"-Konstruktion kommt ihr immer wieder, oft und gern über die Lippen: "Du musst anrufen für unsere Lieblinge von die Tanzfläche", wird sie im Laufe des Abends ebenfalls häufiger sagen.

Neben ihr ein junger Mann mit großer Brille, der ein bisschen an den Neuen in der Sendung mit der Maus erinnert. Er kann sich nur selten durchsetzen gegen das Kauderwelsch-Dauergeplapper - hätte allerdings gelegentlich intelligente Einwürfe in der Hinterhand.

Die prallen nur leider ab an der dünnen Dame in Blond und versickern am Rande des Tanzparketts. Daher kann Daniel Hartwich allenfalls mit fünf Punkten bewertet werden, nach der Llambi-Skala.

Unterhaltend nach wie vor ist das Schiedsgericht: Joachim Llambi, der Juror mit dem genauesten Blick und der strengsten Punktevergabe ist cool wie immer - und lässt sich auch nicht vom Neuen im Bunde provozieren. Man mag sich nicht, so viel ist klar - Llambi und Roman Frieling sitzen an den entgegengesetzten Enden der Bank, und das ist wohl gut so.

Frieling, Tanzlehrer und Wertungsrichter, gibt den Paaren zu gerne noch ein paar Tipps mit auf den Weg - ein bisschen oberlehrerhaft und am liebsten mit ausladenden Handbewegungen, die drohen, die Turmfrisur von Designer Harald Glööckler neben ihm zu zerstören. Ko-Juror Llambi bescheren die Einlagen und etwa die Einschätzung, Moritz Sachs sehe beim Tanzen so aus "wie ein Fluglotse, zweidimensional", so manchen Kicheranfall.

Am schönsten, auch da hat sich nichts geändert, ist eben jener schrille Modeschöpfer mit dem schwarzen Bart, den schwarzen Brauen und dem riesenhaften Geschmeide an den Fingern: Toll sei es doch, was die Tänzer allesamt leisten, betonte er mehrfach. Und vergab nicht nur einmal am Abend zehn Punkte, die höchste Wertung.

Die Vierte im Bunde, Motsi Mabuse, bis vor kurzem selbst noch Tanzpartnerin von so manchem linksfüßigen Promi in der Show, zeigt sich freundlich, aber kritisch - und ansonsten unauffällig in der Herrenriege. Doch es geht ja in der Show nicht darum, wer von den Experten mit den meisten Punkten beschert wird.

Das Publikum entscheidet - per Anruf oder SMS. Darum hat auch Chancen, wer am Takt vorbeitanzt. Oder Freistil aufs Parkett legt - da kann ein Lambi auch nur zwei von zehn Punkten verteilen. Liliana ist raus, der Checker ist weiter. Und checkt's gar nicht.

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