TV-Kritik: Hart, aber fair:Riester in Rente

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Der Vater der Riester-Rente taucht mitten in der Euro-Krise aus der Versenkung auf. Erklärwert bei TV-Talker Plasberg: nahe null.

Melanie Ahlemeier

Große Preisfrage: Was ist das Gute an der Euro-Krise? Antwort: Dass längst ausgediente Politprominenz sich mal wieder in Talkshows zeigen darf. Dass der Zuschauer merkt, sie sind noch nicht in der Versenkung verschwunden.

Hart aber fairoder doch eherWeich aber langweilig? Die Sendung mit dem Sparer-Thema "Euro weich, Geld weg?" kennzeichnete sich durch dröge Gesprächspartner und Binsenwahrheiten. (Foto: Foto: WDR)

Wie zum Beispiel Walter Riester. Der Sozialdemokrat ist der traurige Held der rot-grünen Koalition, er war Arbeitsminister im ersten Kabinett Schröder (1998 bis 2002) und nach dessen Entscheidung, Superminister Wolfgang Clement große Teile des Riester-Ministeriums zuzuschlagen, als einfacher Bundestagsabgeordneter im schönen Berlin unterwegs. Und wenn der heute 66-Jährige nicht der staatlich geförderten Altersvorsorge seinen Namen verpasst hätte - nun, dann wäre Riester wohl längst aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden.

Was aber macht er heute? Mitten in der Euro-Krise taucht der Ex-Minister, der inzwischen den global agierenden Finanzdienstleister Union Asset Management als Aufsichtsrat kontrolliert, wieder im Fernsehen auf. In Frank Plasbergs Hart aber fair darf Riester den Spezialisten für Geldanlage/Altersvorsorge/Rentenberatung geben. Liebe ARD-Krawallbürste Plasberg, ganz ehrlich: Die Gäste hatten schon mal deutlich mehr Esprit und Dynamik!

Mit dem nüchtern-drögen Sicherheitsfreund Riester ist schwerlich eine Schlacht zu gewinnen - weder die Schlacht um die marode Gemeinschaftswährung noch der Kampf um eine mitreißende Info-Sendung. Die nach ihm benannte staatlich geförderte Altersvorsorge halte er "für das Beste, was wir getan haben", sagt Riester brav auf. Sehr erwartbar.

Und je später der Abend, und umso länger Plasbergs Sendung "Euro weich, Geld weg?" läuft, desto stärker wird der Verdacht, dass Riester bei jedem abgeschlossenen Riester-Vertrag möglicherweise noch irgendwie ordentlich abkassiert. Das ist natürlich Unfug, aber auf seine Abschlusskonditionen zur Riester-Rente ist der SPD-Mann mächtig stolz. "Ich habe damals festgelegt im Gesetz, dass ...", doziert er - und all jene Zuschauer, die nicht dringend ins Badezimmer mussten, dürften spätestens an dieser Stelle eingenickt sein.

Ach ja, liebe Redaktion von Weich aber langweilig, noch eine Kleinigkeit: Drei Journalisten im "Klub der fünf Weisen" - das ist schon fast rekordverdächtig. ARD-Dauergast und im Nebenberuf Finanztest-Chefredakteur Hermann-Josef Tenhagen gibt abermals den Ober-Erklärer. Das Gerücht, wegen der Finanzkrise würden bereits wieder D-Mark-Scheine gedruckt, sei "Quatsch". Danke dafür! Und natürlich sei das Investieren in Aktien nicht so einfach. "Es bedeutet Arbeit", sagt Tenhagen bedeutungsschwanger. Nein, wirklich? Auch beim Stichwort billige Konsumentenkredite hat der Finanztester die Knüller-Antwort parat: "Konsum auf Pump ist keine gute Idee!" Hätten die Griechen bloß auf ihn gehört!

Auch Börsenfachfrau Carola Ferstl, bekannt aus n-tv, ist eine Meisterin der Binsen. "Bloß keine voreiligen Dinge tun und weitermachen wie bisher", resümiert sie beim Stichwort Altersvorsorge. Und bitte nicht alle Eier in einen Korb legen, möchte man hinzufügen. Lediglich der Mahner Ernst Elitz, lange Jahre als Deutschlandradio-Intendant tätig und heute Kolumnist von Bild, bringt geistigen Tiefgang in die Sendung. Die zu beobachtende "Vertrauensseligkeit" bei der Einführung der Gemeinschaftswährung sei tödlich gewesen, und im Grunde genommen müsse es einen Untersuchungsausschuss zur Causa Griechenland geben, sagt der ehemalige Spiegel-Redakteur. Wer hat vor der Aufnahme Athens in den Euro-Verbund etwas über die Defizitsünder gewusst? "Die klare Analyse ist wichtig für künftige Entscheidungen", resümiert Elitz.

Als Mann vom Fach war Hans-Peter Burghof dabei, Professor für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen. Auch er gibt den Mahner. "Glaubt nicht, dass ihr klüger seid als die Märkte", warnt der Vertreter der Universität Hohenheim. Ein Hauch von Apokalypse liegt in der Luft.

Die wichtigste Erkenntnis dieses Fernsehabends ist allerdings weniger apokalyptisch, sondern ganz real. Walter Riester lebt und lobt seine Rente - das ist doch was!

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