TV-Kritik:Familienfest

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Tiefer Griff in die Archivkiste: Frank Elstner hält bei "Top, die Wette gilt!" ein Bild, das ihn zusammen mit der Schauspielerin und Sängerin Audrey Landers bei seiner letzten Aufzeichnung von "Wetten, dass..?" zeigt. (Foto: Jörg Carstensen/dpa)

Die ARD-Show zu Frank Elstners 75. Geburtstag hatte den Charme von Opas Jubiläumsfeier, bei der alle etwas vorbereitet haben und von früher schwärmen, inklusive beschwipstem Höhepunkt. Da verkraftet man auch ein paar inhaltliche Ungenauigkeiten.

Von Hans Hoff

Nach zwei Stunden ist es soweit. Es weht ein Hauch von Anarchie durch die Halle. Da legt Frank Elstner tatsächlich die Krawatte ab und bietet Günther Jauch das Du an. Ja, ja, so wild und ausgelassen geht es zu, wenn die ARD an einem Samstagabend im Fotoalbum blättert und vor 5,72 Millionen Zuschauern den Grandseigneur der deutschen Fernsehunterhaltung fast vier Stunden lang ehrt.

Dass ausgerechnet Jauch das Du angeboten bekommt, hat natürlich einen Grund. Erstens teilt er sich mit Elstner eine gewisse Grundsteifigkeit im Auftreten, zweitens produziert seine Firma I & U TV für den Jubilar, der am 19. April seinen 75. Geburtstag feiert, diese große Gala. Die entwickelt erwartungsgemäß den Charme einer XXL-Ausgabe von Opas Jubiläum, bei der alle etwas vorbereitet haben und schwärmen, wie verrückt das früher mal war, wie verrückt man aber auch heute noch ist. Irgendwie zumindest.

Immer wieder greift jemand in die Archivkiste. Dann laufen, wie bei Produktionen aus der Jauch-Fabrik üblich, Ausschnitte von anno dunnemals, und vorne werden Thomas Gottschalk, Barbara Schöneberger oder Jauch himself eingeblendet und geben ihren Senf dazu. Das entpuppt sich rasch als Neuauflage von Wetten, das s.. ?, obwohl natürlich auch all die anderen Elstner-Sendungen gewürdigt werden.

Dann steuert das Ganze unweigerlich auf den beschwipsten Höhepunkt hin. Der Thomas, der Günther, die Barbara und die Michelle Hunziker haben da mal was Irres vorbereitet und treten schrill verkleidet als Abba auf. Hammer! Total Crazy! Deutsches Unterhaltungsfernsehen 2017! Ist aber auch irgendwie nett. Tut keinem weh.

Da verkraftet man auch, dass am Ende eine ehemalige Dallas-Schauspielerin gegen besseres Wissen zum bedeutenden Popstar erklärt wird. Aber wer will an solch einem Abend so etwas kritisieren? Das tut man nicht, es könnte den Jubilar beschädigen. Das will keiner, weil der Frank Elstner halt wirklich ein Netter ist. Zum Schluss meint der Jubilar noch, Kai Pflaume habe so fein durch den Abend geführt, dass er künftig regelmäßig solche Shows moderieren solle. Es ist davon auszugehen, dass er das ernst meint. Man darf das getrost als Drohung verstehen.

© SZ vom 10.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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