Studie:Streaming macht Schule

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Handy gucken mit dem Papa: Wieviel Digitalzeit ist für junge Kinder bis ins Grundschulalter überhaupt sinnvoll? (Foto: imago/PhotoAlto)

What a difference: Dank Netflix und Co sehen immer mehr Familien Filme und Serien in der Originalsprache. Eine Untersuchung widmet sich der Frage, inwiefern das die Englischkenntnisse von Kindern in Deutschland verbessert.

Von Kathrin Hollmer

Deutschland ist ein Synchronisationsland. Fast alle Sendungen aus dem Ausland werden hierzulande in synchronisierter Fassung gezeigt. In den Niederlanden oder den skandinavischen Staaten ist es dagegen üblich, dass Serien, Kino- und Fernsehfilme im Original mit Untertiteln zu sehen sind. Für bevölkerungsschwächere Länder sind Untertitel kostengünstiger als eine Synchronisation, was nebenbei positive Auswirkungen auf die Fremdsprachen-, insbesondere Englischkenntnisse hat. In Umfragen zu Englischkenntnissen schneiden die Länder regelmäßig gut ab. Deutschland landet meist im Mittelfeld.

Dank internationaler Pay-TV- und Streaming-Anbieter wird der Originalton nun auch in Deutschland beliebter. Eine neue Studie von Cartoon Network und Boomerang, zwei Sendern der Turner-Gruppe, zu der auch TNT Serie gehört, und des Marktforschungsinstituts Mindline Media zeigt nun, dass die Angebote offenbar auch Auswirkungen auf die Fremdsprachenkenntnisse von Kindern und Jugendlichen in Deutschland haben.

Kinder wachsen heute immer öfter in Haushalten mit Streaming- und Pay-TV-Abonnements auf. Der Onlinestudie von ARD und ZDF aus dem Jahr 2018 zufolge nutzen 67 Prozent der 14- bis 29-Jährigen mindestens einmal wöchentlich Video-Streamingdienste, bei den 30- bis 49-Jährigen sind es 40 Prozent. Für die Anbieter sind Kinder und Jugendliche längst eine wichtige Zielgruppe, regelmäßig erweitern sie ihr Angebot an entsprechenden Formaten.

Für die neue Studie wurden 1046 Eltern und jeweils eines ihrer Kinder im Alter von sechs bis 13 Jahren befragt. 84 Prozent aller befragten Kinder glauben, dass englischsprachiges Fernsehen dabei hilft, die Sprache zu lernen. 42 Prozent der Kinder aus Pay-TV-Haushalten sehen regelmäßig, 72 Prozent gern auf Englisch fern. 26 Prozent gaben an, sich auf Englisch unterhalten zu können. Damit schätzen sie ihre Sprachkompetenz besser ein als Kinder aus Haushalten ohne Bezahlfernsehen. Dort nutzen nur 17 Prozent mindestens einmal wöchentlich englischsprachiges Fernsehen und ebenfalls 17 Prozent gaben an, auch Gespräche auf Englisch führen zu können.

Bereits 2014 hatte eine Studie des Instituts für angewandte Sozialwissenschaft (Infas) in Bonn ergeben, dass 40 Prozent der Gesamtbevölkerung und mehr als die Hälfte der jungen Erwachsenen es befürworten würden, wenn Jugendsendungen allein in der Originalsprache ausgestrahlt werden. Vom Rest war eine große Mehrheit dafür, dass man zwischen den Versionen wählen kann. Doch bislang gibt es wenige entsprechende Angebote für Kinder und Jugendliche. Cartoon Network und Boomerang beispielsweise senden im Zweikanalton in deutscher sowie englischer Sprache. In der Regel biete man alle Sendungen im Originalton an, heißt es von Turner dazu. Bei einzelnen Plattformen wie Vodafone, über welche die Sender auch empfangbar sind, müsse man die englische Fassung allerdings extra hinzubuchen.

Im Free-TV bietet beispielsweise Nickelodeon seit drei Jahren zusätzlich eine englische Tonspur an, in der das gesamte Programm auch im Originalton läuft. Nickelodeon gehört zu Viacom, Cartoon Network und Boomerang zu Turner, also jeweils zu internationalen Medienkonzernen. Im Kika laufen überwiegend deutsche Produktionen. Dort verweist man auf einzelne Episoden der Sendung mit dem Elefanten auf Englisch und der Sendung mit der Maus auf Englisch, Kurdisch, Französisch, Arabisch und Dari sowie auf JoNaLu, eine Serie für Vorschulkinder, in der auch türkisch- und italienischsprachige Figuren vorkommen, die "erste Eindrücke von anderen Sprachwelten" geben sollen.

© SZ vom 15.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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