Protest nach Presseempfang in Israel:An die Wäsche

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Die Sicherheitskontrollen beim Neujahrsempfang des israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu sorgen für Ärger unter Journalisten: Eine Mitarbeiterin des arabischen Senders al-Dschasira sollte sich zur Kontrolle entkleiden - einschließlich ihres BHs.

Peter Münch

Wer in ein israelisches Kaufhaus will, muss sich einer strengen Taschenkontrolle unterziehen. Wer nach Gaza reist, muss durch einen Nacktscanner. Doch warum müssen Frauen den BH ausziehen, wenn sie in Jerusalem den Ministerpräsidenten treffen wollen?

Ärger beim Neujahrsempfang des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu (Archivbild): Journalisten beschwerten sich über die Sicherheitsüberprüfungen. (Foto: dpa)

Aufgeworfen worden ist diese Frage nun beim Neujahrsempfang von Premierminister Benjamin Netanjahu für die ausländischen Journalisten. Wie immer war auch hier die Sicherheit das oberste Gebot - was verständlich ist angesichts der latenten Anschlagsgefahr in Israel und des Intifada-Traumas.

Stunden vorher schon hatten sich die Journalisten am Veranstaltungsort in einem der feineren Hotels einzufinden, Ausweise und Utensilien wurden inspiziert, die Hände mit einem Spezialgerät nach möglichen Sprengstoffspuren untersucht. Das ist Routine für jeden, der in Israel lebt und arbeitet.

Doch in manchen Fällen scheint bei diesem Termin durch den verantwortlichen Inlandsgeheimdienst Schin Bet statt der Routine eine Spezialbehandlung verordnet worden zu sein.

So wurde eine 31 Jahre alte Mitarbeiterin des arabischen Nachrichtensenders al-Dschasira in einen Nebenraum geführt und aufgefordert, sich zur Kontrolle zu entkleiden - einschließlich ihres Büstenhaltes. Als sie dies verweigerte, wurde ihr der Zutritt zum Empfang untersagt.

Nun klagt sie darüber, dass sie gezielt herausgegriffen worden sei - als israelische Araberin, die für den Sender aus Katar arbeitet. Bei der Foreign Press Association, der Vertretung der Auslandskorrespondenten in Israel, gingen überdies noch weitere ähnliche Beschwerden ein.

Mehrere Mitglieder seien gezwungen worden, bei der Sicherheitsüberprüfung auch die Unterwäsche auszuziehen und hätten in solch erniedrigenden Umständen bis zu 20 Minuten ausharren müssen, bis ihre Papiere überprüft worden seien, hieß es. Auch der Büro-Chef des amerikanischen Wall Street Journals habe sich entkleiden müssen.

Die Auslandspresse-Vereinigung hat nun einen geharnischten Protestbrief verfasst. Es sei "absolut unakzeptabel, Menschen zu einem Cocktail in ein Fünf-Sterne-Hotel einzuladen und sie dann an der Tür zum Ausziehen ihre Kleider zu zwingen". Bei allem Verständnis für die notwendigen Sicherheitskontrollen dürften "in einem demokratischen Land die Sicherheitsdienste nicht nach Gutdünken handeln".

Gefordert wird eine Garantie, dass so etwas nicht wieder vorkomme. Ansonsten würden von den Auslandskorrespondenten "bei allem Respekt künftige Einladungen ausgeschlagen".

© SZ vom 14.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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