Serien-Revival:Von den Toten auferstanden

Lesezeit: 2 min

"Er ist mein Bruder", sagt Dominic Purcell (links) über Wentworth Miller. Ob er ihn auch aus dem Knast holen würde wie seine Figur in Prison Break? (Foto: RTL2)

In der neuen Staffel "Prison Break" darf nach acht Jahren Pause wieder ausgebrochen werden. Warum nur kann Hollywood zurzeit keine Serie in Frieden ruhen lassen?

Von Jürgen Schmieder

Natürlich hat er ihn noch drauf, diesen wunderbar sehnsüchtigen Blick. Wenn der Schauspieler Wentworth Miller eine Frage beantwortet, dann sieht er einen kurz an - und dann starrt er auf ein unsichtbares Objekt hinter einem. Wenn Miller diesen Blick in der Ausbrecher-Serie Prison Break präsentierte, dann wusste die von ihm verkörperte Figur Michael Scofield etwas, von dem alle anderen Figuren und auch die Zuschauer keine Ahnung hatten "Michael lebt noch", sagt Miller nun: "Und das macht alles Sinn." Dann starrt er auf ein unsichtbares Objekt hinter einem.

Zahlreiche Serien werden derzeit neu aufgelegt, von Akte X über Gilmore Girls bis Twin Peaks. Sie sind einst eines natürlichen Fernsehtodes (schlechte Quoten, genervte Schauspieler, Ende der Geschichte) gestorben, wurden von Streamingportalen wieder gezeigt und dann wegen der Aussicht auf neue Abonnenten doch fortgesetzt. Die neuen Episoden von Prison Break nach acht Jahren Pause stehen für das, was gerade in Hollywood passiert.

Der wahre Grund für die Fortsetzung dürfte damit zu tun haben, dass spätere Projekte nicht so erfolgreich waren

Schauspieler und Produzenten reden bei der Wiederaufnahme gern davon, dass die Geschichte nicht komplett erzählt sei, sie sprechen über das wunderbare Zusammenspiel mit den Kollegen - und geben dann doch oftmals selbst preis, dass der wahre Grund für die Fortsetzung damit zu tun hat, dass spätere Projekte nicht so erfolgreich waren wie diese eine Serie.

Dominic Purcell etwa, der in Prison Break Scofields Bruder Lincoln gibt, sagt: "Die Beziehung zwischen Wentworth und mir geht weit über Freundschaft hinaus. Er ist mein Bruder." Er sagt aber auch: "Wir haben fünf Jahre lang nicht mehr miteinander geredet - dann haben wir uns auf einem Filmset getroffen und über die guten alten Zeiten gesprochen." Hm.

In Hollywood darf derzeit nichts in Frieden ruhen, das irgendwie noch erfolgreich sein könnte. Bei mehr als 350 neuen Projekten pro Spielzeit versprechen bekannte Serien in Neuauflage zumindest kurzfristig ordentliche Quoten dank treuer Fans. Der Nachteil: Die Produzenten müssen eine fertig erzählte Geschichte irgendwie fortsetzen, bei Prison Break müssen sie sogar jemanden von den Toten erwecken.

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Prison Break ist eine der wenigen Serien, die als wöchentliches Spektakel gut liefen - zwischen 2005 und 2009 sahen im Schnitt neun Millionen Amerikaner zu - und in der Marathon-Version des Streaming-Zeitalters auch funktionieren. Es gibt nicht nur die Geschichte der beiden Brüder, die einander helfen, aus Gefängnissen auszubrechen und eine gewaltige Verschwörung aufdecken, sondern auch herrlich groteske Nebenfiguren. Und natürlich diesen Moment vor fast jeder Werbepause und am Ende fast jeder Folge, in dem Miller auf ein unsichtbares Objekt starrt und den Zuschauer verführt, noch eine Episode anzusehen. Und noch eine. Und noch eine.

Muslime müssen klischeehaft die Bösewichter geben

Die Fortsetzung, die "Staffel fünf" genannt wird, startete in den USA Anfang dieser Woche, die neun Folgen sind in Deutschland von Samstag an zu sehen. Michael sitzt in einem Gefängnis in Jemen, sein Bruder will ihn nicht nur da rausholen, sondern auch aus einem Land im Umsturz. Die übergeordnete Verschwörungstheorie ist Weltpolitik für Anfänger, Muslime müssen klischeehaft die Bösewichter geben, einige Löcher in der Handlung sind so gewaltig, dass der Zuschauer statt auf den Bildschirm auf ein unsichtbares Objekt dahinter starren möchte.

Das alles ist nicht so wichtig. Es geht in dieser Serie um die Beziehung der Brüder, um wilde Verfolgungsjagden, markige Sprüche und einen wahnwitzigen Plan. Die Fans des Originals werden mit versteckten Hinweisen belohnt, sie fiebern mit den Figuren und werden am Ende jeder Folge die nächste sehen wollen. "Ich glaube, dass wir einen würdigen Abschluss finden - ein fröhliches Ende sozusagen, was immer das im Prison-Break-Universum bedeutet", sagt Miller. Dann bekommt er wieder diesen Blick: "Ich würde aber nicht ausschließen, dass es noch mehr Staffeln geben wird."

Prison Break , RTL 2, jeweils samstags, 20.15 Uhr.

© SZ vom 07.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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