Rechtspopulist protestiert gegen Karikatur:Wilders in Strichen

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Eine Webseite des niederländischen Senders Vara stellt Geert Wilders als Lageraufseher dar. Der Rechtspopulist sieht darin einen Nazi-Vergleich.

Marc Felix Serrao und Peter Sich

Der niederländische Rechtspopulist und Islam-Kritiker Geert Wilders hat wieder einmal eine Debatte ausgelöst. Es geht um eine Karikatur, die angeblich gegen die guten Sitten verstößt. Nur ist diesmal nicht, wie so oft, der Prophet Mohammed Gegenstand einer Schmähkritik geworden, sondern Wilders selbst.

Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders sieht sich in einer Karikatur mit Nationalsozialisten verglichen. (Foto: dpa)

"Kranke Geister bei der Vara: Karikatur auf Website vergleicht Tuigdorpen mit Konzentrationslagern und Gaskammern": Dieser Eintrag auf Wilders Seite beim Online-Dienst Twitter erschien bereits am vergangenen Samstag um 8.14 Uhr. Er richtete sich gegen die öffentlich-rechtliche niederländische Rundfunkanstalt Vara.

Deren Meinungsportal joop.nl hatte das strittige Bild tags zuvor veröffentlicht. "Tuigdorpen" - auf Deutsch: Gesindeldörfer - nennt Wilders Containerdörfer, in die er mehrfache Straftäter umsiedeln würde, wenn er könnte.

Am Montag legte er im Telegraaf nach: Vara vergleiche ihn mit den Nazis. Deshalb, so der 47-jährige Vorsitzende der PVV (Partei für die Freiheit), werde er die Anstalt nun boykottieren - und seine Partei einer für diesen Mittwoch geplanten TV-Debatte fernbleiben.

Die Karikatur, um die sich alles dreht, ist schlicht, mit wenigen groben Strichen gezeichnet, der Mann vorne im Bild ist nur von hinten zu sehen. Trotzdem weiß in den Niederlanden jeder, wer gemeint ist: Wilders. Das liegt am wallenden hellen Haarschopf, ein Markenzeichen des Politikers.

Außerdem tragen alle anderen Figuren ein "T" am Revers - "T" wie Tuigdorpen. Aufgereiht warten sie auf Einlass in ein mit Draht umzäuntes Lager. Vorm Eingang mit dem Schild "Douche" (Dusche) steht die Figur, die wie Wilders aussieht. Sie trägt Uniform, ein Pistolenhalfter und hält eine Art Rohrstock. Deutlicher geht es kaum.

"Das ist eine harsche Karikatur", gibt Francisco van Jole zu. Der 50-Jährige ist Chefredakteur der vor zwei Jahren gegründeten Website joop.nl. Er verstehe, dass das Bild Wilders "nicht gefällt". Trotzdem, sagt er im Gespräch mit der SZ, habe es in seiner Redaktion keine Diskussion darüber gegeben, ob man die Zeichnung des Karikaturisten Adriaan Soeterbroek veröffentlichen dürfe.

"Sie ist ja nicht eindeutig. Sie sagt nicht: Hier ist ein KZ." Wenn das Bild solche Assoziationen wecke, liege das an Wilders "Gesindeldörfern" und seinen anderen Vorstellungen, so van Jole. "Wir sagen auch nicht, Geert Wilders ist ein Nazi." Dennoch sei der Nationalsozialismus Teil der niederländischen Debatte, wenn es um Wilders und seine Sprache gehe.

Bisher beschränkt sich der Streit auf Drohungen. Wilders hat die Anstalt Vara, der joop.nl gehört, aufgefordert, die Karikatur zu entfernen. Andernfalls will er sie, wie gesagt, boykottieren.

Für Portal-Chef van Jole ist das Zensur: "Statt zu sagen, ich finde die Zeichnung daneben, droht er uns und versucht, redaktionelle Entscheidungen zu beeinflussen."

Und das Bild, bleibt es im Netz? "Wir sagen niemals nie", sagt der Chefredakteur. Eine Meinungsseite sollte ihre Haltung stets überdenken können. "Aber im Moment machen wir erstmal gar nichts."

Wilders, sagt van Jole, spiele sich gern als Kämpfer für Presse- und Meinungsfreiheit auf, allerdings nur vor seinen Anhängern. Einladungen, etwa von niederländischen Muslimen, die mit ihm debattieren wollten, habe der PVV-Chef schon zigfach abgelehnt. Auch mit ihm selbst habe Wilders bis heute kein Wort über die strittige Karikatur gewechselt.

Geert Wilders sieht seine Boykottpläne indes als normale Reaktion auf eine derartige Darstellung seiner Person: "Dass Vara uns nicht in die Nazi-Ecke stellen wollte, weil das Bild nur die Meinung des Karikaturisten wiedergebe, ist Unsinn und auch egal", heißt es in einem Statement des Politikers. "Wenn dein Nachbar dich einlädt, und du weißt, dass in seinem Wohnzimmer ein Bild hängt, auf dem du mit einem Nazi verglichen wirst, gehst du auch nicht hin."

Der Karikaturist Adriaan Soeterbroek findet den Streit um sein Bild unterdessen richtig gut: "Wenn ich gewusst hätte, was für Reaktionen das hervorruft, hätte ich die Zeichnung wahrscheinlich noch eher gemacht."

Die Geert-Wilders-Karikatur im Netz: www.joop.nl/wordt_vervolgd.html.

© SZ vom 16.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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