Ein Podcast über einen russischen Politikberater, erzählt wie ein Thriller; ein Ultrakurzpodcast über die Schönheit des Alltäglichen - und Bastian Pastewka, der Krimi-Klassiker präsentiert: die Tipps im Juli.
Die gute Minute
Während der coronabedingten Ausgangsbeschränkungen wollten sich ja viele Menschen neue Gewohnheiten und Aktivitäten zulegen. Anders als so manche, die ihre täglichen Yoga-Übungen und Brotback-Rituale längst aufgegeben haben, macht der Schauspieler Matthias Hecht einfach weiter: Jeden Tag veröffentlicht er einen Podcast, mehr als 100 Folgen Die gute Minute sind so bereits entstanden. Die sind eben eine gute Minute lang, Hecht erzählt - mit markanter Schauspieler-Stimme - von der Freude über eine gelbe Plastikgießkanne, sinniert über Zeitempfinden oder über Begriffe wie "nach Hausfrauenart". Das ist mal amüsant, mal belanglos, mal anekdotisch, mal philosophisch. In jedem Fall: kurzweilig. Ganz egal, ob man den Ultrakurzpodcast nun als Alltagsbegleiter hört oder mehrere Folgen am Stück. Elisa Britzelmeier
Die Zwei von der Ladesäule
Die Idee ist nicht wirklich originell: Zwei Menschen fahren in einem Elektroauto durch Deutschland und gucken, wie weit sie kommen. Automagazine (von denen es ja viele gibt in diesem Autofahrerland) haben das schon gemacht, auch für die SZ sind Reporter schon losgestromert. Und dennoch sind die fünf Folgen des NDR-Podcasts hörenswert. Denn Susanne Tappe und Nicolas Lieven schildern nicht nur, wie sie immer wieder mit Problemen an Ladesäulen kämpfen (mal passt der Stecker nicht, mal streikt die Ladekarte); vielmehr treffen sie Menschen, die der Frage nachgehen, ob und inwieweit das E-Auto helfen kann, die Mobilitätsprobleme zu lösen. Sie reden mit Managern, aber auch normalen Beschäftigten aus der Autoindustrie, sie tauchen ein in ein Bergwerk im Erzgebirge, wo ein Investor Lithium für die Batterieproduktion aus der Tiefe holen will. Und sie sprechen einen Wissenschaftler, der sagt, allein der Umstieg auf den elektrischen Antrieb werde nicht reichen. Man müsse eher "darüber nachdenken, die Zahl der Autos zu halbieren". Das liest man nicht in jedem Automagazin. Marco Völklein
Podcasts des Monats:Das sind die Podcast-Tipps im Juni
Ein renommierter Investigativ-Journalist fragt: Hat die CIA "Wind of Change" geschrieben? Linda Zervakis präsentiert "Gute Deutsche" und Burchard Dabinnus ein schreckliches Verbrechen.
Seriously - The Puppet Master
Wer ist Wladislaw Surkow? Die BBC meint: "Der mächtigste Mann, von dem man noch nie gehört hat." Ausgehend von einem Satz geleakter E-Mails rekonstruiert der Journalist Gabriel Gatehouse in fünf Folgen den Einfluss Surkows auf das Weltgeschehen: Von der Unterwanderung der Revolution in der Ukraine 2013/14 bis zur - und das ist kein Zufall - zeitgenössischen russischen Kultur. Wenn er nicht als "Putins Rasputin" den Kreml berate oder scheinbar wahllos Demonstrationen organisiere, schreibe er, oft unter Pseudonym, Romane und Theaterstücke. Egal ob Kultur oder Politik, Surkows Aktivitäten sei es gemein, dass der Unternehmer, Politiker und Theaterregisseur klare Strukturen auflöst und für chaotische Verhältnisse sorgt - wie bei den Straßenkämpfen in Kiew -, um schließlich seine eigene, opportune Version der Wahrheit zu forcieren. Diese Strategie der post truth gilt als das Vorbild für Donald Trumps Wahlkampf und Politik. Ein sehr dichter Podcast, erzählt wie ein Thriller und mit einem unheimlichen Ende. Nicolas Freund
Kein Mucks!
Bastian Pastewka ist zu spät geboren - und deshalb zum Nostalgiker geworden. Der 48-Jährige hat eine große Leidenschaft entwickelt fürs Radio der Fünfziger- und Sechzigerjahre, speziell für die Krimihörspiele dieser Zeit. Für Fälle also, in denen schon Fingerabdrücke die Forensik an ihre Grenzen geführt haben. Zum 75. Geburtstag von Radio Bremen hebt Pastewka nun Archivschätze, er präsentiert zwei Dutzend Krimis aus der Zeit zwischen 1955 und 1982. Etliche der von ihm charmant und kundig eingeleiteten Produktionen sind seit Jahren, teils seit Jahrzehnten erstmals wieder zu hören. Darunter Stücke von Arnold E. Ott, Charles Cordier, Hellmut Kleffel. Es ist auch ein Wiederhören mit tollen Schauspielern: Im Vierteiler "In zweiter Instanz" tritt der junge Günter Strack auf; wiederholt zu hören sind Evelyn Hamann, Günther Neutze, Gudrun Daube, Hans Helmut Dickow und Manfred Steffen. Grusel, Horror und Persiflagen sind inbegriffen. Stefan Fischer
Tipps für die Ferien:Kinder-Podcasts, die auch Eltern gefallen
Urlaubsreisen sind zu Pfingsten wieder möglich: Neun Hörtipps für Kinder, mit denen die Fahrt in die Ferien nicht langweilig oder stressig wird - von Pumuckl über Geschichte bis Klugschiss.
Susi
Sie heißen Siri oder Alexa, in diesem fiktionalen Podcast ist es Susi - gemein haben die Sprachassistenten alle den weiblichen Vornamen und die sanfte, leicht künstlich klingende Stimme. Ein kurzes "Hey Susi" genügt, um mit Martina Hill verbunden zu werden, sie vertont die scheinbar allwissende virtuelle Frau. Der Twist: Hinter Susi steckt keine künstliche Intelligenz, stattdessen beantworten die Angestellten der Firma Orbital Teledynamics in Echtzeit die eingehenden Fragen der Nutzer. Auch Sara (Almila Bagriacik) arbeitet hier, doch sie verwechselt zunehmend ihren Job als Sprachassistentin mit dem einer Seelsorgerin. Was als seichte Komödie startet, entlädt sich in einem Thriller, den prominent besetzten Sprechern wie Bastian Pastewka wird wenig Platz für mögliches Witzfeuerwerk geboten. Die Geschichte ist packend erzählt, auch wenn Themen wie Datenschutzverletzungen bei Sprachassistenten zu zaghaft angeschnitten werden. Der fiese Cliffhanger am Ende lässt hoffen, dass sich der Podcast in einer möglichen zweiten Staffel mehr traut. Johannes Nebe