Playboy:Von der sexuellen Befreiung zur Häschen-Marke

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Geld verdient Playboy Enterprises heute vor allem mit Lizenzen, also zum Beispiel der Vermarktung des Häschen-Logos. (Foto: imago/ZUMA Press)

Nach dem Tod von "Playboy"-Gründer Hugh Hefner verändert sich das Unternehmen grundlegend. Die Zukunft des gedruckten Magazins ist dabei ungewiss.

Von Kathrin Werner, New York

Es ist gar nicht immer leicht, in New York einen Playboy aufzutreiben. Der Supermarkt an der Ecke? Führt ihn nicht. Beim Kiosk eine Straße weiter? "Danach hat schon ewig niemand mehr gefragt", sagt der Verkäufer. "Haben wir nicht." Am besten, man geht in eine gut sortierte Buchhandlung mit Zeitschriftenregal, dort liegt dann halb versteckt im Regal ein Stapel der Hefte, auf deren Cover sich in dieser Ausgabe eine nackte, blonde Frau eine Cocktailkirsche in den Mund schiebt.

Der Playboy, das berühmte Heft mit den schönen, leicht bis nicht bekleideten Frauen war einmal die Traumfabrik für Männer, und Gründer Hugh Hefner hielt bis ins hohe Alter tapfer als Botschafter dieses Lebenstraums durch. Inzwischen stellt die Traumfabrik Playboy viele Produkte her, und das Heft ist vielleicht nicht einmal mehr das wichtigste davon. Die Auflage sinkt seit Jahren, zuletzt lag sie in den USA nur noch bei 500 000, zu den Höchstzeiten im Jahr 1975 waren es 5,6 Millionen. Das Heft kommt nur noch alle zwei Monate heraus. Bilder von nackten Frauen sind inzwischen anderswo billiger zu bekommen, nämlich im Internet.

Geld verdient Playboy Enterprises heutzutage vor allem mit Lizenzen, mit dem Häschen-Logo auf T-Shirts zum Beispiel. Das Unternehmen gehört mehrheitlich der Private-Equity-Firma Rizvi Traverse, die sich deutlich mehr für das Lizenzgeschäft als für das alte Printprodukt interessiert. Nun dürfte laut Wall Street Journal der Finanzinvestor Playboy Enterprises komplett übernehmen. Playboy Enterprises steht vor dem nächsten großen Umbruch. Und es sieht so aus, als ob nun, nach dem Tod des Patriarchen und obersten Markenbotschafters Hugh Hefner, vieles geschehen könnte, was mit ihm undenkbar gewesen wäre.

Der Investor aus Michigan hält die Rechte am Häschen-Logo ebenso wie an Hefners Abbild

Als Hefner Ende September im Alter von 91 Jahren starb, erbte seine Familie rund 35 Prozent der Anteile an Playboy Enterprises. Genauer gesagt: seine Tochter aus erster Ehe, Christie Hefner, ihr Bruder David, zwei Halbgeschwister und die Witwe. Christie Hefner dürfte die treibende Kraft bei der Entscheidungsfindung zur Zukunft des Playboy sein, sie kennt das Unternehmen sehr gut. Sie arbeitete seit den 70er-Jahren für ihren Vater. Von 1988 bis 2009 war sie Vorstandsvorsitzende.

In einer strategisch gezielten Aktion hatte Hugh Hefner 2011 gemeinsam mit Rizvi Traverse alle Aktien an der Firma Playboy Enterprises für 217 Millionen Dollar zurückgekauft und von der Börse genommen. Hefner hielt an dem neuen, nun privat gehaltenen Unternehmen nur die Minderheitsbeteiligung. Dem Finanzinvestor mit Sitz im US-Bundesstaat Michigan gehören auch kleinere Beteiligungen an Unternehmen wie Twitter. Und seit dem Deal mit Hefner nicht nur das Magazin, sondern alle Markenrechte, inklusive am Häschen-Logo, an Hefners Namen, seiner Unterschrift und sogar an seinem Abbild. Hefner bekam im Gegenzug ein Jahresgehalt von einer Million Dollar, im Prinzip war er seither nicht viel mehr als ein Angestellter des von ihm gegründeten Unternehmens, sein Aktienanteil war nur mit wenigen Mitspracherechten verbunden. Allerdings hatte der Finanzinvestor ihm zugesichert, dass bis zu seinem Tod das Magazin weiter erscheinen würde. Außerdem durfte er lebenslang im Playboy Mansion wohnen, seiner berühmten Party-Villa in Beverly Hills.

Das Jahresgehalt soll seine Ausgaben laut diverser Medienberichte trotzdem nicht einmal annähernd gedeckt haben. Allein die zwei Verlobungsringe, die er seiner letzten Frau Crystal Harris vor der Hochzeit im Jahr 2012 kaufte, sollen 1,3 Millionen Dollar gekostet haben. Als er starb, war er längst nicht mehr so reich, wie viele Außenstehende vermutet hatten, sein Gesamtvermögen lag wahrscheinlich nur noch bei rund 15 Millionen Dollar, schätzte das Magazin Fortune. Mit dem einst so legendären Reichtum des Lebemanns hat die Zahl nicht viel zu tun. Zum Höhepunkt im Jahr 1999 war allein sein Playboy-Aktienpaket rund 250 Millionen Dollar wert.

Rizvi Traverse hat ein Vorkaufsrecht auf die 35 Prozent der Anteile der Hefner-Erben, gleichzeitig kann die Familie Rizvi Traverse zwingen, ihr Paket zu kaufen. Es geht also eigentlich nur um den Preis. Details dazu sind bislang nicht bekannt.

Spekuliert wird aber schon über die Ausrichtung des Heftes ohne die Familie: Rizvi Traverse will den alten Verlag noch weniger auf Medien und noch mehr auf Markenmanagement ausrichten, sagte Ben Kohn, seit 2016 Chef von Playboy Enterprises, dem Wall Street Journal. Schon jetzt ist Playboy eine beliebte Lifestyle-Marke, unter anderem in China. Es gibt Playboy-Parfüm, Nachtclubs mit dem Namen in Indien und ein Kasino in London. Künftig soll es ein Schnaps-Marke, einen Club in New York und Unterwäsche und Badekleidung in China geben. Das Playboy Mansion hat der Finanzinvestor schon vor Jahren verkauft. Das Magazin schreibt Verluste.

Hefner hat es 1953 gegründet. 8000 Dollar sammelte er dafür bei Investoren ein, darunter 1000 Dollar von seiner Mutter. Die erste Ausgabe enthielt Nacktfotos von Marilyn Monroe, sie wurde zum Kassenschlager. Das Magazin verkaufte sich bestens, es passte in die Zeit. Es gab zwar immer viel Kritik, vor allem an dem Frauenbild des Hefts und Hefners Abneigung gegenüber Feministinnen, aber der Playboy leistete einen Beitrag zum Ende der Spießigkeit und zur sexuellen Befreiung. Außerdem veröffentlichte das Heft - wie immer wieder gepriesen wird - richtige Literatur, Kurzgeschichten unter anderem von Vladimir Nabokov, Haruki Murakami und Margaret Atwood.

Nun ist nicht einmal klar, ob es das Magazin überhaupt noch weiter geben wird. "In der Vergangenheit konnten wir die Verluste des Magazins wegen dessen Bedeutung für das Marketing rechtfertigen, aber man muss auch vorwärts denken", sagte Kohn. Das Unternehmen solle mit der gesamten "World of Playboy" Geld verdienen, und diese Welt des Playboy sei eben viel größer als "eine kleine, legendäre Print-Publikation".

© SZ vom 10.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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