Neuer Medienstaatsvertrag:Politik macht Auflagen für Unterhaltung bei ARD und ZDF

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"Eckpunkte und Einigkeiten" beim neuen Medienstaatsvertrag: Die Länderchefinnen und -chefs am Donnerstag in Berlin. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Die Ministerpräsidenten beschließen eine Reform des öffentlich-rechtlichen Auftrags. Kleiner werden ARD und ZDF dadurch nicht, dafür gibt es Einschränkungen beim Entertainment.

Von Claudia Tieschky

An diesem Donnerstag trafen sich in Berlin die Ministerpräsidenten der Länder, und es ging dabei auch um das, was für die öffentlich-rechtlichen Sender die wichtigste Reform seit Jahren werden sollte: Nach jahrelangen kontroversen Debatten soll das Gesetz geändert werden, in dem steht, was ARD, ZDF und Deutschlandradio tun dürfen und müssen. Es ist Sache der Länder, den sogenannten öffentlich-rechtlichen Auftrag festzulegen, sie bestimmen damit indirekt auch, wie viel der Rundfunk den Beitragszahler kostet.

Malu Dreyer, die rheinland-pfälzische SPD-Ministerpräsidentin und die Vorsitzende der Rundfunkländerkommission gab am Nachmittag den Beschluss zur Änderung des Medienstaatsvertrags bekannt - man habe sich nun auf "Eckpunkte und Einigkeiten" verständigt.

Dreyer sagte, es sei ein "guter Tag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, aber auch für die Zuschauerinnen und Zuschauer und die Userinnen und User". Es sei darum gegangen, den öffentlich-rechtlichen Markenkern zu stärken, "das ist die Kultur, die Bildung, die Information, die Beratung und das ist auch die Unterhaltung, wenn sie einem öffentlich-rechtlichen Angebotsprofil entspricht. Wir haben uns darauf verständigt, das genau so zu formulieren". Bisher stand im Gesetz: "Auch Unterhaltung soll einem öffentlich-rechtlichen Angebot entsprechen". Die neue Formulierung verschärft das "soll" zu einer Bedingung für den Unterhaltungsauftrag; sie lautet nach SZ-Informationen: "Unterhaltung, die einem öffentlich-rechtlichen Profil entspricht, ist Teil des Auftrags."

Einig sei man auch darüber, dass die Gremien "mehr Mitsprache bekommen, "was die Themen Qualitätsstandards und Kostencontrolling betrifft". Die Sender sollen stärker Angebote für alle Generationen und Bevölkerungsschichten machen und künftig auch in den Mediatheken schnell zum Markenkern führen - sprich also auch zu Information und Nachrichten. Aus der Online-Beteiligung der Öffentlichkeit in dem Gesetzesverfahren gingen Dreyer zufolge mehr als 2600 Stellungnahmen ein. Viele davon hätten mangelnde Trennung von Bericht und Meinung kritisiert, erklärte Dreyer, darauf sollen die Anstalten stärker verpflichtet werden. "Viele Bürgerinnen und Bürger haben eingegeben, dass es nach ihrem Gefühl zu viel Berichterstattung gibt, bei der nicht mehr unterscheidbar ist, ob das objektive Berichterstattung oder eine Meinung ist oder alles gemischt." Auch die Grundsätze Objektivität und Unparteilichkeit werden nun offenbar gesetzlich festgeschrieben, ebenso wie die Forderung an die Anstalten, "sich in einem kontinuierlichen Dialog mit der Bevölkerung" über Qualität und Leistung des Angebots auszutauschen.

Nur noch wenige Programme müssen als Fernsehkanal verbreitet werden

All das soll nun nur noch in einen Gesetzestext gepackt werden. Vor allem um die beiden strittigsten Themen wurde hart gekämpft: Was soll über öffentlich-rechtliche Unterhaltung im Gesetz stehen? Soll sie überhaupt weiter zum Auftrag gehören? Und wie groß sind die neuen Zuständigkeiten der Rundfunkgremien? Bis zuletzt wurden offenbar immer neue Formulierungen ins Spiel gebracht, heißt es aus informierten Kreisen.

Einig sind sich die Länder nun laut Dreyer auch darin, dass die Sender nicht mehr alle Programme linear verbreiten müssen. Geplant sei, dass nur noch Das Erste, das ZDF, die Dritten, 3sat und Arte verpflichtend als lineares Fernsehen ausgestrahlt werden müssen. Andere Programme wie Phoenix, Kika, ZDF neo, ZDF info, Tagesschau 24, ARD alpha oder One können dann - falls die Sender das wollen und ihre Gremien zustimmen - auch nur noch als Webangebote stattfinden. Mediatheken spielen in den Plänen eine zentrale Rolle, zusammen mit Webplattformen für Kultur oder Sport kann man sich die Öffentlich-Rechtlichen in Zukunft eher als Inhalteproduzent fürs Digitale mit angeschlossenem Fernsehprogramm vorstellen. Auch außerhalb der eigenen Plattformen dürfen die Sender nach SZ-Informationen künftig mehr, wenn es zum Erreichen einer Zielgruppe geboten ist. Dass es sich bei der Flexibilisierung nicht um ein Sparprogramm handelt, darauf hat bereits vor der Entscheidung Martin Detzel hingewiesen, der neue Vorsitzende der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs ( KEF). Er machte deutlich, dass die neuen Freiräume seiner Ansicht nach sogar zusätzliche Ausgaben bewirken könnten und führte als Beispiel Providerkosten an.

Bereits an dem Diskussionsentwurf zum Gesetz wurde deutlich: Die Regierungschefs haben die Reform nicht zu einem Schritt genutzt, den sie ohne Weiteres hätten vollziehen können: Den öffentlich-rechtlichen Rundfunk stark zu verkleinern und damit seine Kosten merklich zu senken. Das ist bemerkenswert, denn der Streit um Beitragserhöhungen neigt verlässlich zur Eskalation. Voriges Jahr wurde die Beitragserhöhung wegen der Blockade von Sachsen-Anhalt sogar erst am Ende vom Bundesverfassungsgericht in Kraft gesetzt. Deshalb wollen die Länder als Nächstes über Alternativen im Beitragsverfahren reden, sagte Dreyer, und zwar vor der kommenden Beitragsentscheidung im Jahr 2023. "Wir können es uns nicht mehr erlauben, bei der nächsten anstehenden Beitragsentscheidungsfrage erst mal wieder in formale Auseinandersetzungen zu geraten, sodass wieder ein Jahr lang nichts passiert."

Der neue Medienstaatsvertrag soll bis Oktober verabschiedet werden und Anfang kommenden Jahres in Kraft treten. Vorher müssen alle Landtage zustimmen.

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