Filmreihe auf Arte:Überlebensgroß

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In Sydney Pollacks Politthriller spielt Nicole Kidman eine UN-Dolmetscherin, die sich auch von ein paar Mordversuchen nicht in Bockshorn jagen lässt. (Foto: 2005 Universal Studios)

An dieser Frau beißt sich der Tod die Zähne aus: Arte zeigt eine Filmreihe mit Nicole Kidman.

Von Susan Vahabzadeh

Oberflächlich betrachtet sieht es so aus, als gebe es keinen Unterschied mehr zwischen Filmstars und Fernseh-Berühmtheiten, aber es gibt ihn natürlich doch, und Nicole Kidman ist dafür ein gutes Beispiel. Sie gehört zu den Hollywoodgrößen, die keinerlei Berührungsängste mit den Streamingdiensten haben, sie hat zuletzt in einer ganzen Reihe von Serien gespielt. Aber ein Filmstar ist sie trotzdem - "Larger than Life" hat auch, aber nicht nur mit den Ausmaßen einer Leinwand zu tun. Nicole Kidman bleibt entrückt, egal, wie oft sie über die Bildschirme in unseren Wohnzimmern zu Gast war.

Kidman, 1967 auf Hawaii geboren und in Australien aufgewachsen, ist in den Neunzigern mit allerhand Blockbustern bekannt geworden, in denen sie nicht selbst im Mittelpunkt stand, sondern eher dem Mittelpunkt zur Seite, Tom Cruise in "Days of Thunder" oder George Clooney in "The Peacemaker", aber um die Jahrtausendwende herum wandelte sie sich zur Charakterdarstellerin, für ihren Auftritt als Virginia Woolf in "The Hours" bekam sie einen Oscar. Arte zeigt nun drei Filme, die sie um diese Zeit herum gedreht hat: "Die Dolmetscherin", ein bodenständiger Politthriller von Sydney Pollack (Mttwoch, 8. Juni 2022 um 14.15 Uhr), Alejandro Amenabárs kühlen Geisterfilm "The Others" und Jonathan Glazers "Birth" (Mittwoch, 8. Juni 2022 um 20.15 Uhr), der mysteriös beginnt und sehr irdisch endet - Kidman begegnet darin einem Jungen, der behauptet, die Reinkarnation ihres verstorbenen Ehemanns zu sein. Großartig, dass Arte überhaupt noch solche Reihen macht, in denen man nachvollziehen kann, was an einem bestimmten Künstler die Besnderheiten sind - allerdings kann man sich solche Reihen ja bei einem Streaming-Anbieter auch selbst zusammenstellen.

Dann allerdings würde unbedingt noch "The Hours" in die Rehe gehören, oder vielleicht Stanley Kubricks "Eyes Wide Shut".Kidman konnte immer besonders gut Figuren spielen, bei denen man nicht recht weiß, ob sie beinhart sind oder vielleicht doch ein bisschen labil. So eine ist Grace in "The Others", die auf einem Landsitz nach dem Krieg nicht einsehen will, dass sie ein Geist ist. Eine surreale Figur, wahnsinnig vor Verzweiflung - aber man könnte sagen: Der Tod beißt sich an dieser Frau die Zähne aus.

"The Others": Nach dem Verlust ihres Ehemanns vergräbt sich Grace (Nicole Kidman) in strengen religiösen Vorschriften und der Dunkelheit ihres großen Anwesens. (Foto: Teresa Isabi/Sogecine)

Das ist bei Sylvia Broome in "Die Dolmetscherin"ähnlich - sie hört während der Arbeit bei den Vereinten Nationen ein Gespräch über ein geplantes Attentat und versucht dann, mit einem Mann vom Secret Service, den Sean Penn spielt, die Hintergründe aufzuklären, und von ein paar Mordversuchen lässt sie sich nicht in Bockshorn jagen. Vielleicht passt das zu Kidman und der Zielstrebigkeit, die sie auch im Leben zu haben scheint. Sie hat mit eisernem Willen ihren Aufstieg in die A-Liga Hollywood aufgebaut, und auch ansonsten zieht sie durch, was sie einmal angefangen hat. Noch bevor in Hollywood gleiche Gagen und die wenigen Frauen hinter der Kamera zu einem Dauerthema wurden, schwor sich Kidman, mindestens alle anderthalb Jahre mit einer Regisseurin zu arbeiten. Nicole Kidman hat in den vergangenen vier Jahren mit Jane Campion, Susanne Bier und Andrea Arnold gedreht. Nicht fordern, sondern handeln.

Sydney Pollack durfte für "Die Dolmetscherin" tatsächlich im Gebäude der Vereinten Nationen in New York drehen. Er und sein Hauptdarsteller Sean Penn wurden gefragt, warum ihnen diese Ehre zuteil wurde, die man Alfred Hitchcock und Cary Grant für "Der unsichtbare Dritte" verwehrt hat. Pollack, der "Die drei Tage des Condor", "Out of Africa" und "Tootsie" gedreht hat, war einer der erfolgreichsten Filmemacher seiner Generation, und Sean Penn kennt sowieso jeder. Die Antwort, die sie gaben, lautete trotzdem: Weil sie Nicole Kidman dabei hatten, und die wollten alle bei der UN kennenlernen. Und irgendwie kann man sich gut vorstellen, dass es genau so war.

"Die Dolmetscherin" , 8. Juni um 14.15 Uhr , "Birth" , 8. Juni um 20.15 Uhr auf Arte.

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