Neue Krimis in der ARD:Wenn die Pointe schreit und winkt

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"Nordisch herb", "Hubert und Staller", "Henker und Richter": Mit den neuen, fröhlichen Provinz-Krimis will die ARD Schwung in ihren Vorabend bringen. Viel mehr als Fernsehen von der Kleiderstange kommt dabei nicht heraus - einzig das bayerische Format fällt ein wenig aus der Reihe.

Katharina Riehl

Kriminalkommissarin Nora Neubauer ist neu in Husum, sie kommt aus Berlin in die Provinz und einfach ist das natürlich nicht. Die Menschen sind ganz anders und der neue Kollege ist ein wenig verschroben. Nordisch herb heißt die Serie, in der sie nun Mordfälle löst.

Hilfreich, wenn man einen guten Drehbuchautor hat: Christian Tramitz und Helmfried von Lüttichau im bayerischen Vorabendformat "Heiter bis tödlich - Hubert und Staller". (Foto: dapd)

Staatsanwältin Saskia Henker ist neu in Büdringhausen, sie kommt aus Düsseldorf in die Provinz, wo die Menschen ganz anders sind und der Richter am Amtsgericht ein wenig verschroben. Henker und Richter heißt die Serie, in der sie nun Kriminalfälle löst.

Polizeirat Reimund Girwidz ist neu im bayerischen Voralpenland, er kommt aus Dortmund in die Provinz und er ist ein wenig verschroben. Hubert und Staller heißt die Serie, in der er nun die Ermittlungen überwacht.

Um die Frage also gleich vorwegzunehmen: Kann es denn sein, dass wirklich niemandem etwas anderes einfällt?

Vor einigen Monaten kündigte die ARD eine Neustrukturierung ihres Vorabendprogramms an, heitere Lokalkrimis sollen von dieser Woche an helfen, die Quotenprobleme zwischen 18 und 20 Uhr zu lösen. Unter dem Markennamen "Heiter bis tödlich" startet die erste Serie an diesem Dienstag, die nächsten beiden kommenden Mittwoch und am Donnerstag in zwei Wochen; montags ist und bleibt das Großstadtrevier.

Im Frühjahr folgen Alles Klara (aus der "beschaulichen Kleinstadtidylle Quedlinburg") und München 7 von Franz Xaver Bogner - die einzige Serie der Reihe, die schon unabhängig vor der frühabendlichen Regionaloffensive ausgestrahlt wurde. Weitere Formate entstehen, Teamworx dreht Fuchs und Gans in Bad Urach.

Oma fährt ohne Führerschein

Für den Zuschauer wird freilich jeweils eine ganze Woche zwischen den Serienstarts liegen, und partielle Amnesie beim Verbraucher muss ja wohl den Erfolg einiger TV-Formate erklären. In ihrer geballten Menge aber sind die neuen Formate ein wunderbares Beispiel dafür, was passiert, wenn Senderverantwortliche ein Konzept erdenken und - oft unabhängig davon, ob irgendwer eine originäre Idee hatte - Fernsehen von der Kleiderstange produzieren lassen. Mit ihrer Talkshow-Schiene hat die ARD in diesem Jahr schon gezeigt, dass sie Massenproduktion als ergiebiges Programmprinzip betrachtet.

Es entstehen Geschichten, die oft so konventionell sind, dass die Pointe immer schon schreiend und winkend im Raum steht, wenn die Figuren gerade erst in die Szene stolpern. Zum Beispiel der Plot mit der Oma: Die hübsche Staatsanwältin in Henker und Richter kümmert sich um ihre Großmutter. Und wenn die Staatsanwältin im Büro ist, macht die Oma allerlei freche Dinge. Sie fährt Auto ohne Führerschein und klettert auf Leitern, um Satellitenschüsseln zu reparieren. So heiter ist die Provinz.

Ein bisschen differenzieren muss man aber schon, zum Beispiel bei der Qualität der Dialoge, die bei Hubert und Staller mit Christian Tramitz etwa sehr viel höher ist als in der hölzernen Husumer Krimi-Variante. Die Bücher zur MDR/BR-Produktion Hubert und Staller stammen von Oliver Mielke und Philip Kaetner - Mielke hatte mit Tramitz schon bei der Bullyparade zusammengearbeitet. An der Krimi-Offensive lässt sich auch erkennen, wie schwer es offenbar ist, einen guten Drehbuch-Autoren zu finden - und wie hilfreich, wenn man einen hat.

Im kommenden Jahr soll dann noch Thomas Gottschalk zum ARD-Vorabendprogramm dazustoßen, in einer halbstündigen Sendung vor der Tagesschau möchte er über Aktuelles vom Tag plaudern. Es soll ein Format werden, wie es in Deutschland bislang keiner gemacht hat. Und wahrscheinlich ist das allein schon eine gute Nachricht.

Nordisch herb dienstags, Hubert und Staller, von 2. November an mittwochs, Henker und Richter von 10. November an donnerstags, jeweils um 18:50 Uhr.

© SZ vom 25.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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