Nachruf:Gefährlich schöne Träume

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Ein Mann der Worte: Drehbuchautor Max Zihlmann. (Foto: privat)

Zum Tod des Schweizer Drehbuchautors Max Zihlmann, ohne den der Aufbruch des deutschen Kinos und die Filme von Rudolf Thome und Klaus Lemke schwer vorstellbar gewesen wären.

Von Fritz Göttler

Parteinahme für die Objekte hat Enno Patalas den frühen Filmen von Rudolf Thome und Klaus Lemke attestiert. 1970, zu Beginn des jungen deutschen Kinos in München, und der Kinohistoriker Patalas notierte Max Zihlmann explizit als Ko-Autor der Filme - der schrieb für alle die Drehbücher: "48 Stunden bis Acapulco" und "Negresco", "Detektive", "Rote Sonne", "Supergirl" und "Fremde Stadt" ... Unerhörte Freiheit steckt in diesen Filmen, Lust auf ferne Länder, auf eine neue Gesellschaft - in den späteren Filmen Thomes und Lemkes ist davon weniger zu spüren, sie kreiseln eher in den Städten, in die es ihre Regisseure verschlagen hat, Berlin oder Hamburg. Vielleicht war München damals einfach die offene, die Aufbruchsstadt. Und am Horizont war immer das amerikanische Kino zu ahnen.

Partei nehmen für die Objekte, Zihlmann zeigt, wie wichtig Worte dafür sind. Seine jungen Protagonisten haben einen Ernst und eine Entschlossenheit, die ganz und gar spielerisch ist, aber auch ganz nah am Tod. Sie werden vom Klang fremder Städtenamen in gefahrreiche Ferne gelockt oder von aufregenden Frauen in Beziehungen, die diese nach ein paar Wochen wieder beenden. Sie leben zusammen in Unabhängigkeit und haben sich als Gesetz auferlegt, den Geliebten dann selbst zu töten. Träume sind lebensnotwendig, und sie müssen schmerzlich sein in diesen Filmen.

Das Ende fester Bindungen, das Ende des Erzählens - nie war deutsches Kino näher am großen Vorbild, der Nouvelle Vague in Paris, als mit der Münchner Gruppe. Zihlmann war ein wichtiger Teil davon, einen Kurzfilm drehte er selber, "Frühstück in Rom". Später schrieb er noch vereinzelt fürs Fernsehen, "Tatort", "Ein Fall für zwei". Im vergangenen Jahr erschien sein heiter verspielter Roman "Ikonen weinen nicht". Be careful what you're dreaming, lautet hier eine Warnung. Am Samstag ist Max Zihlmann mit 86 Jahren gestorben.

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