Eine knappe Woche nach dem neuerlichen Fiasko für Deutschland beim Eurovision Song Contest (ESC) denkt die ARD an eine Reform der bisherigen Kandidatenkür. Eine entsprechende Änderung kündigte der ARD-Unterhaltungskoordinator und ESC-Beauftragte Thomas Schreiber an: "Unser Hauptziel wird künftig die Suche nach ESC-Songs sein. Dazu suchen wir Interpreten, dann kümmern wir uns um die Inszenierung", sagte er der Hannoverschen Allgemeinen. Deutschland hatte beim ESC zuletzt eine Pleitenserie hingelegt und zweimal in Folge den letzten Platz belegt.
Als einen der Gründe für das schlechte Abschneiden in den Jahren nach dem Sieg von Lena Meyer-Landrut im Jahr 2010 benannte Schreiber den Modus des deutschen Vorentscheids: "Das hat damit zu tun, dass wir - anders als etwa 2010 bis 2012 - nicht die Lieder aus einem internationalen Pool von mehreren hundert Songs ausgesucht haben, sondern Künstler mit Liedern gesucht haben."
Meyer-Landrut hatte beim deutschen ESC-Vorentscheid 2010 zunächst das Lied "My Same" der britischen Soul- und Pop-Sängerin Adele vorsingen müssen und sich im Finale schließlich gegen Jennifer Braun mit ihrer Interpretation des Liedes "Satellite" durchgesetzt, dass die Songwriter Julie Frost und John Gordon geschrieben hatten. Auch Braun hatte im deutschen Finale "Satellite" vorgetragen.
"Ein Sieg lässt sich nicht am Reißbrett konstruieren"
Jamie-Lee Kriewitz, die deutsche Kandidatin für 2016, war beim Vorentscheid hingegen mit dem speziell für sie komponierten Lied "Ghost" angetreten. Das Stück reichte, um sich gegen die deutsche Konkurrenz durchzusetzen. Doch bei den Hörern in nahezu allen anderen Ländern Europas fiel Kriewitz beim ESC durch.
Zu einem Erfolg beim ESC gehöre aber auch Glück, betonte Schreiber: "Ein Sieg lässt sich nicht am Reißbrett konstruieren." Einen Rücktritt nach den Pleiten lehnte Schreiber unter Hinweis auf die guten Quoten für die ARD ab: "Wir hatten einen sehr erfolgreichen Fernsehabend. Ein Rücktritt wegen 9,38 Millionen Zuschauern? Gegenvorschlag: Ich nominiere wie ein Bundestrainer! Der ORF zum Beispiel hatte selbst Conchita mit ihrem Song zum ESC geschickt. Nein, im Ernst: Das machen wir nicht, denn bei uns soll das Publikum das letzte Wort haben."