Nach dem Aus für "News of the World":Kampf um Murdochs Herzstück

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Kaum ist die allerletzte Ausgabe der Skandal-Zeitung "News of the World" erschienen, wartet neuer Ärger auf Rupert Murdoch: Die Opposition will die Gunst der Stunde nutzen und jetzt Murdochs geplante Übernahme des britischen Bezahl-TV-Senders BSkyB verhindern. Und auch die "News of the World"-Affäre ist noch lange nicht ausgestanden.

Andreas Oldag, London

Bei einem Bierfest im idyllischen Städtchen Charlbury gab sich David Cameron am Wochenende entspannt. Der britische Premierminister trug Jeans und ein locker geknöpftes Hemd. Der Stress der vergangenen Tage im Zusammenhang mit dem Abhörskandal um die Boulevardzeitung News of the World war ihm nicht anzusehen. Doch schon Anfang dieser Woche wird ihn die Affäre wieder einholen. "Die Schlacht um Murdoch geht weiter", meinte ein britischer Regierungsbeamter in London.

"Thank you & Goodbye": Medienunternehmer Rupert Murdoch wirft noch einmal einen Blick in die letzte Ausgabe der "News of the World". (Foto: Reuters)

Nachdem der Medienunternehmer Rupert Murdoch sein Sonntagsblatt News of the World überraschend eingestellt hat, wird das brisante Thema nun zu einer Kraftprobe zwischen der konservativ-liberalen Regierungskoalition und der oppositionellen Labour-Partei. Labour-Chef Ed Miliband will die Gunst der Stunde nutzen, um im Unterhaus einen Antrag auf Aussetzung der von Murdoch geplanten Übernahme des britischen Bezahl-TV-Senders BSkyB durchzusetzen. Mit diesem Vorstoß verbindet Labour mehrere Ziele: Vor allem will die Opposition ein Herzstück der aggressiven Expansionspläne des Murdoch-Konzerns in Großbritannien treffen. Dem Medientycoon gehören bereits 39 Prozent der Anteile des Senders.

Ohne die Regierung läuft nichts

Der 80-jährige Unternehmer hat sich bislang die Rückendeckung der konservativen Tories gesichert, um auch die restlichen Anteile für etwa neun Milliarden Pfund (10,2 Milliarden Euro) übernehmen zu können. Dadurch würde Murdoch zum wichtigsten Spieler auf dem britischen Fernsehmarkt. Formal zuständig für solche Übernahmen ist zwar die Medienaufsichtsbehörde Ofcom. Doch de facto läuft nichts ohne Plazet der Regierung, insbesondere des für die Medienwirtschaft zuständigen Tory-Kulturministers Jeremy Hunt.

Mit seinem Versuch, die Übernahme des TV-Senders zu verhindern, will Labour-Chef Miliband einen Keil in die Regierungskoalition treiben. Führende Politiker der Liberalen, darunter der ehemalige Parteichef Lord Ashdown, äußerten sich am Wochenende kritisch zu freundschaftlichen Beziehungen zwischen Regierungsvertretern und Top-Managern des Murdoch-Konzerns.

Indes laufen die polizeilichen Ermittlungen in dem Abhörskandal auf Hochtouren. Mitarbeiter des Blatts sollen die Telefone von Prominenten, Angehörigen von Verbrechensopfern sowie Hinterbliebenen getöteter Soldaten gehackt haben.

Scotland Yard zufolge könnten die Telefone von bis zu 4000 Menschen angezapft worden sein. Die Abhöraffäre schwelt bereits seit Jahren. Dass jedoch auch die Telefone von Angehörigen von Verbrechensopfern sowie toter Soldaten abgehört wurden, sorgt jetzt für besondere Empörung.

In diesem Zusammenhang wurde am vergangenen Freitag der ehemalige Pressesprecher Camerons, Andy Coulson festgenommen. Die Polizei wirft Coulson vor, das illegale Abhören von Telefonen während seiner Zeit als Chefredakteur von News of the World gedeckt oder sogar veranlasst zu haben. Außerdem soll Coulson, der inzwischen auf Kaution frei ist, Polizeibeamte bestochen haben, um an Informationen über Kriminalfälle zu gelangen.

Premier Cameron hat indes zugesagt, bereits in den nächsten Tagen eine von einem Richter geleitete Kommission zur Untersuchung des Abhörskandals einzusetzen. Er kündigte zudem einen Ausschuss an, der die enge Verbindung zwischen Politik und Presse beleuchten soll.

Interne E-Mails gelöscht?

Die Zeitung The Guardian berichtete, dass die Polizei auch prüfe, ob bei News of the World Millionen interner E-Mails gelöscht wurden. Eine Sprecherin des zum Murdoch-Konzerns gehörenden Zeitungsverlages News International bezeichnete den Bericht als "Quatsch".

Murdoch, der in New York lebt, will nun selbst in London mit Politikern Gespräche führen, um die Übernahme von BSkyB zu sichern. Auch die in die Kritik geratene Vorstandschefin von News International, Rebekah Brooks, wolle er treffen, hieß es.

Der Ex-Chefredakteurin der ebenso zum Murdoch-Konzern gehörenden Boulevardzeitung The Sun war von verschiedenen Politikern ein Rückzug nahegelegt worden. Murdoch hatte sich jedoch demonstrativ hinter sie gestellt. Dem Vernehmen nach will der Unternehmer schon bald eine Sonntagsausgabe von The Sun herausbringen, welche die von News of the World hinterlassene Lücke füllen soll.

© SZ vom 11.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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