"Zoey's Extraordinary Playlist" bei Sky:Tanzen ist gut für die Nerven

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Die Musical-Serie mit Hauptfigur Zoey kommt knallbunt daher. (Foto: NBC Universal Media LLC/Lionsgate)

Die Serie "Zoey's Extraordinary Playlist" will von großen Musicalwerken lernen, doch ihr Erzählton ist überwiegend steril.

Von Luise Checchin

In vielerlei Hinsicht ist Zoey's Extraordinary Playlist die perfekte Serie, um Corona-geplagte Gemüter einmal kurz auf andere Gedanken zu bringen: Die Szenerie kommt so knallbunt daher, als wäre sie von einem Sechsjährigen nach einem ausgedehnten Aufenthalt im Bonbon-Geschäft entworfen worden, die Protagonisten gehören dem gutverdienenden, modelfähigen Bevölkerungsteil von San Francisco an und, ach ja, es wird gesungen, immer wieder und überall.

Zoey's Extraordinary Playlist ist eine Musical-Serie, allerdings gehört sie nicht zu der Art Musical, in der das Singen ein integraler Bestandteil der fiktionalen Welt ist. Nur die Hauptfigur Zoey nimmt hier singende und tanzende Menschen wahr und normal findet sie das ganz und gar nicht. Die Fähigkeit dazu hat sie sich scheinbar zufällig zugezogen: Gerade als sie im Kernspintomographen liegt, ereignet sich ein Erdbeben und irgendwie muss sich da die Playlist, die Zoeys Arzt zur Platzangst-Bekämpfung angestellt hatte, mit Zoeys Gehirn kurzgeschlossen haben (mit tiefergreifenderen Erklärungen hält sich die Serie nicht auf).

Seitdem drängen sich Zoey die geheimen Gefühlslagen ihrer Mitmenschen in Gestalt von Gesangsnummern auf. Ein Arbeitskollege, der um seinen Vater trauert, stimmt plötzlich Gary Jules' Ballade "Mad World" an, eine ganze Gruppe gestresster Passanten tanzt zu "Help" von den Beatles durch den Stadtverkehr. Besonders erfreut ist Zoey nicht über ihre neue Gabe, sie hat gerade genug andere Sorgen. Ihr Vater leidet an einer Nervenkrankheit, die ihn nach und nach lähmt und die latent sexistischen Tech-Geeks in dem Start-Up, in dem Zoey als Programmiererin arbeitet, nehmen sie nicht ernst.

Es kommt einem so vor, als würde Zoey's Extraordinary Playlist gerne als eine Mischung aus dem Musicalfilm-Hit La La Land und der für ihre surrealen Musikszenen bekannte Anwaltsserie Ally McBeal daherkommen. Leider fehlt ihr von beidem das Wesentliche. Die Musicalsequenzen rangieren von etwas peinlich bis unterhaltsam, den leichtfüßigen Zauber der La La Land-Nummern erreichen sie nie. Das Außenseitertum der Hauptfigur Zoey wiederum wird stets nur behauptet. Angeblich soll sie ein einsamer Nerd sein, dabei sieht sie blendend aus, ist erfolgreich, hat eine liebevolle Familie und treue Freunde. Keine Spur von den Neurosen, die Ally McBeal Ende der Neunziger dazu brachten, mit einem virtuellen Baby in ihrem Wohnzimmer zu tanzen. Ab und zu blitzt bei Zoey etwas von der McBealschen Schlagfertigkeit durch, vor allem, wenn es darum geht, das Start-Up-Wesen zu persiflieren (das Highlight der Serie ist ohnehin Lauren Graham als Zoeys abgeklärte Chefin).

Die meiste Zeit aber überwiegt ein merkwürdig steriler Erzählton, zu dem unglücklicherweise auch noch eine pädagogische Note kommt. Pro Folge lernt Zoey mindestens eine wichtige Lektion fürs Leben, die sie dann auch noch so lange mit ihrem genderfluiden DJ-Nachbarn Mo besprechen muss, bis es wirklich der oder die Allerletzte verstanden hat. Ein Meisterwerk der Serienkunst ist Zoey's Extraordinary Playlist also keineswegs. Wer aber in Corona-Zeiten die Kultur, die er konsumiert, vor allem nach ihrem Eskapismuspotenzial auswählt (und wem sollte man das verübeln?), liegt hier dennoch genau richtig.

Zoey's Extraordinary Playlist , Sky Ticket* und Sky Go*

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© SZ vom 24.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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