Wie gut die Deutschen Englisch können, steht seit einer vielbeachteten Rede des künftigen EU-Kommissars Günther Oettinger ganz oben auf der Agenda 2010. Vor Wirtschaftsvertretern las der Schwabe einen englischen Text ab, den er offenkundig nicht verstand. Das wirkte ziemlich komisch.
Doch es gibt noch Lustigeres in diesem Genre, weshalb Oettinger den Spitzenplatz in der Hitparade einschlägiger Youtube-Videos schon wieder los ist. Das liegt vielleicht daran, dass Stefan Raab in der vorigen Woche auf TV Total (Pro Sieben) ausgiebig die neue Attraktion besprach.
Im Netz zirkuliert deshalb mit weiter steigender Nachfrage (mehr als 110.000 Zugriffe) ein Video vom Semper-Opernball in Dresden, den am 15. Januar rund 5000 Gäste feierten. Der MDR übertrug live und brachte so einen Dolmetscher ins Spiel, der seine liebe Müh' mit dem Star des Abends, La Toya Jackson, hatte. Sie nahm einen Preis für ihren verstorbenen Bruder Michael entgegen - doch irgendwie hat ihre Rede die Veranstalter völlig überfordert.
Während La Toya Jackson von der Aura und den Sphären des King of Pop schwämt und dabei immer schneller wird, verstrickt sich der Dolmetscher in anrührendem Sächsisch immer mehr in die Fallen einer Simultan-Übersetzung. "Ich möchte das Reizende akzeptieren", legt er einmal La Toya in den Mund. Und als sie beschreibt, wie sie mit Michael wegen aktueller Katastrophenbilder geweint hat ("he would cry"), übersetzt er tatsächlich, die Jackson-Familie habe "geschrien", wörtlich: "Meine Mutter würde äh schreien, mein äh Bruder würde schreien, m...meine Schwester."
Das alles ist wirklich schreiend komisch und dürfte den MDR-Zuschauern nahegebracht haben, die eigenen Englisch-Kenntisse rasch zu überprüfen. Irgendwann radebrecht der arme Dometscher, der ein Diplom in Russisch haben soll: "Er gab uns 39 ..." und nachdem La Toya Jackson in Sachen "Charity" oft genug von Dollar-Schecks gesprochen hat, die er schon mal schnell geschickt habe, holpert die Übersetzung nach: "Äh, er würde sagen, machen wir eine Spende ..."
Als La Toya über die Gedanken ihres Bruders philosophiert ("His heart was so big that none of us could possibly imagine the thoughts that my brother thought every single day") bringt der sächselnde Dolmetscher die Passage gekonnt auf den Punkt: "Er dachte ... alles."
Und während sich Jacksons Schwester darüber auslässt, wie sie und ihr Bruder Kindern und Jugendlichen geholfen, sich Zeit genommen hätten, um mit den armen Kleinen zu spielen ("You can stay longer"), bekommen die anmutig lauschenden Zuschauer zu hören: "Er würde ... zu spielen, sich mit ihnen hinsetzen und er würde sagen: 'Ihr könnt noch jünger werden, ihr könnt jünger bleiben'."
Mit diesen weisen exklusiven Ratschlägen hat sich Michael Jackson posthum den Dresdner Preis wahrhaft verdient. Aber auch der Dometscher sollte nicht leer ausgehen.