Medienkolumne "Abspann": Chez Krömer:Wat'n ditte?

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Der Gastgeber mag sein Gegenüber offensichtlich: Der Künstler und mediale Multiboy Tedros Teclebrhan (rechts) zu Gast bei Kurt Krömer (links) in der vorerst wohl leider letzten Folge "Chez Krömer". (Foto: Screenshot RBB)

Kurt Krömer ist der anstrengendste Gastgeber im deutschen Fernsehen - hoffentlich bleibt er das auch.

Von Cornelius Pollmer

In einem Reklamegespräch für seine Sendung im RBB erklärte Kurt Krömer das Prinzip dieser einmal wie folgt. Die Idee sei, Leute einzuladen, die er entweder sehr gut oder sehr bescheuert finde - ihnen vorher aber nicht zu verraten, was von beidem für sie gelte.

In der ersten Ausgabe von Chez Krömer im September 2019 wusste man als Zuschauer nach weniger als fünf Minuten, dass Krömer die Dampfplaudertasche Jürgen Höller nicht sehr gut findet. Als Höller drei Mal nicht über einen Satzanfang hinausgekommen war, versuchte er - aus Notwehr und leider handwerklich unsauber - das Prinzip der Sendung coram publico zu seinen Gunsten sichtbar zu machen. Die Strategie ist, dass der Moderator seinen jeweiligen Gast einem ständigen Stresstest aussetzt, in der oft berechtigten Hoffnung, dieser Gast offenbare dadurch mehr von sich als in den üblichen Scheingesprächsformaten zur Abverkaufsförderung irgendwelcher Produkte. Jürgen Höller also versuchte, dieses Prinzip sichtbar zu machen. Kurt Krömer degradierte ihn blitzschnell mit einer formal als Frage getarnten Antwort: "Ist das jetzt der Versuch, hier witzig zu sein?"

Krömer ist mal nicht die Kunstfigur Krömer

Der Versuch des großen Unterhalters Kurt Krömers, witzig zu sein, glückt bei Chez Krömer seit inzwischen drei Staffeln. Und er glückt interessanterweise auch, wenn der Gastgeber sein Gegenüber mag wie in der gerade veröffentlichten vorerst letzten Folge. Zu Gast ist darin der Künstler und mediale Multiboy Tedros Teclebrhan. Während das Arrangement Krömer/Höller das einer Treibjagd gewesen war, ist es nun die maximalsympathische, entwaffnende und immer smarte Gelassenheit Teclebrhans, die den Beat der Episode bestimmt. Diese Gelassenheit bewirkt, dass Krömer für ein paar Minuten mal nicht Krömer ist im Sinne seiner stets zwanghaft Überlegenheit anstrebenden Kunstfigur. Dass er stattdessen dasitzt, offen und echt und ein wenig nackt, leider auch im Wortsinn. Status: sehr gutes Fernsehen.

Krömers Offensiven machen einem erst bewusst, was anderswo im Fernsehen falsch läuft. (Foto: rbb/Daniel Porsdorf)

Sparsam eingesetzt, wirken solche Weichmacher natürlich besonders gut. Der Kern von Chez Krömer bleibt, etwas anzubieten, das selten geworden ist im deutschen Fernsehen, eine gewisse Härte, deren Herzlichkeit man sich als Gast selten sicher sein kann. Der teils rabiate Umgang von Krömer wirkt wie ein Kontrastmittel, er macht einem bewusst, mit welcher gelangweilten Scheißfreundlichkeit man es sonst oft im Gesprächsfernsehen zu tun hat, in Formaten, in denen Moderatoren nur Buzzwords hinwerfen, damit Gäste noch einmal erzählen, was sie woanders schon erzählt haben. Die Offensiven Krömers zeugen im Vergleich von einer viel größeren Wertschätzung des Publikums.

Kein Zufall natürlich, dass Krömer für die Sendung einen Angriffspakt mit Probono geschlossen hat, der Produktionsfirma des Journalisten Friedrich Küppersbusch, der selbst einmal war, was man heute vermutlich nicht mehr Scharfmacher nennt. "Ick bin das Streichholz und er ist der Brandbeschleuniger", sagte Krömer in seinem Haussender über Küppersbusch. Es ist zu hoffen, dass beide noch lange weiter zusammen kokeln.

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