Evangelische Journalistenschule:Kirche muss sparen

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27 Jahre lang "unter ständigem Spardruck", jetzt ganz zu: die Evangelische Journalistenschule EJS in Berlin. (Foto: Christian Ditsch/imago images/epd)

An diesem Mittwoch wird die Entscheidung über die Zukunft der Berliner EJS erwartet, wenn der Aufsichtsrat des Gemeinschaftswerks Evangelischer Publizistik tagt.

Von Clara Lipkowski

Die Nachricht hatte einen Aufschrei ausgelöst. Die EJS, die Evangelische Journalistenschule in Berlin, steht vor dem Aus? Der laufende Jahrgang sollte der letzte sein, eine der renommiertesten Journalismus-Schulen in Deutschland macht dicht? Es war nur ein Frage von Minuten, da liefen Twitter und Facebook heiß, posteten Medienschaffende, Unterstützerinnen und Alumni ihr Unverständnis, merkten an, dass viele Absolventinnen und Absolventen Preise für ihre Arbeiten gewonnen hätten. Nur Stunden später unterzeichneten mehr als 500 Journalisten, Publizistinnen und Kirchenvertreter einen offenen Brief und forderten den Fortbestand der Schule. Unter ihnen Anne Will, Heribert Prantl, Pinar Atalay, Caren Miosga, Carolin Emcke, Ingo Zamperoni. Nie sei genau diese Schule so wichtig gewesen wie heute, schrieben sie.

Und jetzt? Fast zwei Jahre blieb es ruhig - aber vor allem hinter den Kulissen wurde für den Erhalt gekämpft. An diesem Mittwoch, wird die endgültige Entscheidung erwartet, ob die Schule weiter ausbildet oder nicht.

Dann tagt der Aufsichtsrat des GEP. Das Gemeinschaftswerk Evangelischer Publizistik ist Träger der Schule und für deren Finanzierung zuständig. Und das war der Knackpunkt: Die Schule war dem GEP zu teuer geworden. Rund 500 000 Euro im Jahr waren angesichts eines harten Sparkurses nicht mehr drin.

Also setzten sich Alumni und Förderer zusammen, erarbeiteten ein neues Konzept: Schwerpunkt Digitaljournalismus. Das sollte die Schule neu aufstellen, Vorreiter werden in der Ausbildung. Die Alumna Natascha Gillenberg vom Freundeskreis der Schule sagte zwischenzeitlich: Mit "EJS 4.0" sei man beim GEP "auf offene Ohren", gestoßen. Man machte sich Hoffnung. Doch jetzt schaue sie "mit großen Sorgen" auf diesen Mittwoch.

Ausgerechnet der EKD-Ratsvorsitzende betont die Bedeutung des Qualtitätsjournalismus

Dabei seien die entworfenen Workshops und Kurse "teils in keiner Ausbildung hierzulande zu finden". "Datensicherheit und -sicherung in autoritären Regimen", etwa, mit Blick auf Russland, wo kürzlich die Menschenrechtsorganisation Memorial verboten und aus Büroräumen sensible Daten entwendet worden waren. Auch zeige sich beim Angriff Russlands auf die Ukraine, wie wichtig es sei, journalistisch arbeiten zu können, während Medien blockiert würden, sagte Gillenberg. Als weiteres innovaties Beispiel nennt sie den Kurs: "Telegram: Kanal für Querdenker oder die demokratische Öffentlichkeit in autoritären Regimen?"

Auf der Verabschiedung des bisher letzten, 13. Jahrgangs, Ende 2021, sagte der SZ-Journalist Heribert Prantl: "Kirche ist eine Gemeinschaft, die vom Wort lebt wie keine andere. Sie darf nicht sprach- und sprechunfähig werden. Also braucht es diese Journalistenschule." Doch danach ruhte der Schulbetrieb.

Dass die EJS schließen sollte, hatte auch deshalb Irritationen ausgelöst, weil ausgerechnet Heinrich Bedford-Strohm, damals Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche Deutschland, kurz zuvor betont hatte, dass Qualitätsjournalismus in Zeiten von digitalen Medien und Algorithmen wichtiger sei denn je. Doch die EKD will dem GEP kein zusätzliches Geld für die Schule bereitstellen, und das Gemeinschaftswerk Evangelischer Publizistik muss sparen. 2020 war bekannt geworden, dass es bis 2024 1,9 Millionen Euro einsparen muss. Und alles Verhandeln zwischen Schule und Kirche scheint erfolglos gewesen zu sein.

Zwar erhält das GEP von der EKD jährlich cirka 12,1 Millionen Euro, es generiert auch Einnahmen, beispielsweise durch die Nachrichtenagentur Evangelischer Pressedienst (epd) oder das Magazin Chrismon, doch die Printkrise und gestiegene Sach- und Personalkosten setzen auch dem GEP zu. Vor der Aufsichtsratssitzung äußerte sich GEP-Direktor Jörg Bollmann nicht. Problematisch sei gewesen, Sponsoren zu finden, sagt Gillenberg, weil man sie um Unklaren lassen musste, ob die Schule wieder startet.

Die EJS ist dafür bekannt, sich mit ethischen Fragen im Journalismus auseinanderzusetzen. Schülerinnen und Schüler müssen nicht streng gläubig sein, unter ihnen sind auch Atheisten und Muslime. Kurz war zur Rettung eine Kooperation mit dem Katholischen Institut für Publizistik in München im Gespräch. Diese Überlegung hatte sich wegen unterschiedlicher Schulstrukturen aber schnell zerschlagen, wenngleich man gute Kontakte pflege, sagte Gillenberg. Die Entscheidung wird für den Abend erwartet.

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