Hörspiel:Attacke auf Amerika

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Illustration: Stefan Dimitrov (Foto: SZ)

Das Hörspiel "Die wilden Augen! Die heiligen Schreie!" verdichtet Allen Ginsbergs Werk zu einem wilden Ritt gegen anhaltende Borniertheiten in den USA.

Von Stefan Fischer

Er fehlt seinem Land: Der amerikanische Schriftsteller Allen Ginsberg, gestorben vor 25 Jahren, war einer der wichtigsten Grantler und intellektuellen Rebellen der USA. Er mochte seine Heimat, hat es ihr aber nie leicht gemacht. "Amerika, ich habe dir alles gegeben - und nun bin ich nichts", blafft er in seinem Text "America ": "Ich habe deine kranken Forderungen satt. Deine ganze Maschinerie ist mir zu heftig ... Mein Entschluss steht fest: Es wird Ärger geben!" Man darf annehmen, dass Ginsberg sich auch im 21. Jahrhundert, angesichts diverser, teils lügenhaft begründeter Kriege gegen den Terror, der Präsidentschaft Trumps und eines wachsenden rechtsradikalen Mobs, nicht mit seinem Land versöhnt hätte.

Michael Farin hat sich für sein Hörspiel Die wilden Augen! Die heiligen Schreie! bei "America " und "Howl " bedient, aber auch bei weniger bekannten Texten Ginsbergs wie "Kral Majales " und "Ein Supermarkt in Kalifornien ", häufig neu übersetzt unter anderem von Durs Grünbein und Clemens J. Setz. Lyrik und Prosa verweben sich ineinander, Literatur und Biografie. Es ist eine heftige Jagd durch Ginsbergs Werk und Gedankenwelt, 90 Minuten Attacke.

Inhaltlich geht es hart zur Sache, auch wenn es immer wieder versöhnliche Momente gibt. Auf diese Qualität der Texte vertraut Michael Farin in seiner Inszenierung vollkommen. Weder in der dezenten Musik des Einstürzende Neubauten-Bassisten Alexander Hacke noch im Tonfall der Schauspieler versucht er, die Wirkung des Gesagten noch zu verstärken. Vielmehr wissen er und die famosen Schauspieler, darunter Ulrich Noethen, Ulrich Matthes und Kai Wiesinger, dass, je mehr sie sich zurücknehmen, umso klarer die Sache selbst erscheint.

Die wilden Augen! Die heiligen Schreie! DLF Kultur, 3. April, 18.30 Uhr.

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