Gastbeitrag in der "New York Times":Monica Lewinsky rechnet mit Fox-News-Gründer Roger Ailes ab

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Monica Lewinsky (im Bild auf der Ted-Konferenz 2015) versteht ihren Beitrag über Roger Ailes als einen "Nachruf auf eine Kultur, die er eingeführt" hat, heißt es. (Foto: REUTERS)

In der "New York Times" äußert sich das wohl prominenteste Fox-News-Opfer über den verstorbenen Senderchef - und hegt eine romantische Hoffnung.

Von Willi Winkler

Nach dem plötzlichen Tod von Roger Ailes in der vergangenen Woche hat es an Nachrufen auf den langjährigen Chef von Fox News nicht gefehlt. Er habe das Land geteilt und Donald Trump an die Macht gebracht, waren noch die harmloseren Koseworte, die ihm galten. Die Zeitschrift Rolling Stone befand schlicht, Ailes sei einer der "schlimmsten Amerikaner, die es je gab" gewesen. Dass er einige weibliche Angestellte sexuell belästigt hatte, fiel da schon nicht mehr ins Gewicht, zumal dieses Delikt in den USA gern mit viel Geld geregelt wird - Geld, das Ailes mit seinem Krawallfernsehen der Besitzerfamilie Murdoch eingebracht hat. Bei 2,3 Milliarden Dollar Jahresgewinn hält der Buchhalter die Hand weit auf und der Geschmacksrichter besser die Klappe.

Jetzt hat sich mit einem Beitrag in der New York Times ein weiteres weibliches Opfer von Roger Ailes gemeldet. Monica Lewinsky wurde von ihm allerdings nicht sexuell belästigt, sondern nur Gegenstand seiner Berichterstattung. Lewinskys Affäre mit dem damaligen US-Präsidenten Bill Clinton löste 1998 eine mittlere Staatskrise aus, vor allem aber trieb sie dem jungen Sender Fox News jene Zuschauer zu, die sich von der diskreteren Konkurrenz in ihrem Unterhaltungsbedürfnis unterversorgt fühlten. Fox News, "fair und ausgewogen", wie das scheinheilige Motto lautet, ist mittlerweile unumschränkter König im Nachrichten-Reich.

Der "Traum für einen Nachrichtenkanal", als den ein Fox-Chefredakteur die Affäre bezeichnete, wurde für Lewinsky vor zwei Jahrzehnten zum Albtraum. Für Fox sei "kein Gerücht zu haltlos, keine Anspielung zu ekelhaft, keine Anschuldigung zu abscheulich" gewesen, um dies nicht unter die Leute zu bringen. Unweigerlich sei sie selber von dieser 24-Stunden-Berichterstattung über die Affäre angezogen worden. "Während ich vor lauter Angst, ins Gefängnis zu wandern oder mich umzubringen, mit meiner Familie zusammengluckte, gluckte Mr. Ailes mit seinen Angestellten bei Fox News und ließ einen TV-Experten nach dem anderen aufmarschieren, um diese persönliche und nationale Tragödie bestmöglich auszubeuten."

Lewinsky zitiert den Historiker Nicolaus Mills, der von einer "Kultur der Erniedrigung" spricht, die mit der Berichterstattung über sie begonnen habe. Clinton überstand die Affäre. Die Frau, die er damals als "that woman" abtat, ist heute Aktivistin gegen Netz-Mobbing und versteht die Analyse, die sie Ailes und ihrem eigenen Schicksal widmet, als "Nachruf auf eine Kultur, die er eingeführt" hat. Die Hoffnung, dass es mit dieser sogenannten Kultur vorbei sein könnte, ist ungefähr so romantisch wie die Vorstellung, Barack Obama würde den Evangelischen Kirchentag nutzen, um seine Wiederauferstehung als Präsident zu feiern, nachdem sein Nachfolger in der Wüste verschollen ist.

© SZ vom 24.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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