Game of Thrones:Erwartbare Enttäuschung

Game of Thrones Staffel acht Kritik

Vor den Trümmern: Die achte GoT-Staffel wird scharf kritisiert.

(Foto: AP)

Viele Fans hadern mit der finalen Game-of-Thrones-Staffel. Daran sind aber nicht nur die neuen Folgen schuld.

Von Xaver Bitz

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Die Fans von "Game of Thrones" sind in Aufruhr. Der Vorwurf: Die finale achte Staffel hält für viele nicht das, was die sieben vorher versprochen haben. Die Charakterentwicklung versauert, wichtige Dinge passieren aus dem Nichts. Einzig die Optik stimmt noch. Das ist allerdings tatsächlich weniger ein Problem dessen, was in der finalen Staffel geliefert wurde, als vielmehr ein selbstgemachtes. Die Erwartungshaltung ist Schuld.

Richtig ist: Die ersten Staffeln bewegten sich auf dem sicheren Fundament der Original-Bücher von George R. R. Martin. Diese sind ausgefeilt und inhaltlich deutlich umfangreicher als das, was die Serie abbildet. Die Charaktere haben Zeit für ihre Entwicklung, nie gibt es ein Schwarz oder Weiß. Zusammen mit den unzähligen Handlungssträngen und der eleganten Intelligenz, mit der sie verbunden werden, bringt das eine Tiefe, die sich mit Tolkiens "Silmarillion" messen kann.

Die Serie ging da von Anfang an grobschlächtiger vor. Sie hat nicht die Zeit, jede noch so kleine Nebenhandlung bis ins letzte Detail zu erzählen. Zehn Folgen á 45-50 Minuten, denen jeweils ein Buch von knapp 600 Seiten gegenübersteht: Kein Wunder, dass sich die Serienmacher Benioff und Weiss zwar an der Haupthandlung orientierten, aber viele Nebenschauplätze entweder nur angeschnitten oder ganz weggelassen haben. Für das große Ganze, das Spiel um den Thron, sind sie eben nur Randaspekte.

Wer alles antizipieren will, kann nicht mehr überrascht werden

Das passierte allerdings immer auf extrem hohem Niveau. Man konnte in aller Regel nachvollziehen, warum etwas ausgespart blieb. Deshalb erreichten gerade die Staffeln eins bis sechs eine Tiefe, die die Fans verzückte. In der Filmbibliothek imdb bekam keine der Folgen in Summe eine schlechtere Bewertung als 8.0 (die Skala geht von 0-10). Dementsprechend hoch sind und waren auch die Erwartungen an die letzte Staffel. Jede winzige Aussage der Beteiligten wurde vermessen und durchleuchtet, jeder noch so kurze Teaser-Trailer in seine Einzelteile und deren Bedeutungen zerlegt. Natürlich ist da jetzt Enttäuschung. Wer alles vermisst, wer jede noch so abstruse Entwicklung antizipieren will, kann nicht mehr überrascht werden. Und Überraschung war nun mal immer das, wovon die Serie - unter anderem - lebte.

Die Zuschauer wurden in den vergangenen Jahren durch gewaltige Plottwists geschockt, abgehärtet - und abgestumpft. Die Überraschungsmomente sind auch deswegen nicht mehr so groß, weil man sich mental auf sie einstellt und hinter jeder Ecke mit ihnen rechnet.

Richtig ist vielmehr: Die Serie lässt sich weniger Zeit für charakterliche Entwicklungen. Es geht im Schweinsgalopp durch Westeros und einige Ereignisse werden nur unzureichend oder unbefriedigend erklärt. Auf der anderen Seite gibt es aber immer noch spektakuläre Momente - und Charaktere, die immer noch menschlich sind und deswegen Fehler machen.

Die Fans verzeihen nur das, was sie verzeihen wollen

Das war aber auch schon in den bisherigen Staffeln so. Ned Stark - so viel Spoiler sei hier erlaubt - vertraut wider besseren Wissens auf die Vernunft und Moral seiner Kontrahenten - und bezahlt dafür mit seinem Leben. Die Entwicklung von Jon Snow, seinem Ziehsohn, ist durchzogen von taktischen Fehlern, die er mit reinstem Herzen begeht. Die Fans verziehen es ihm immer. Wohl auch deswegen, weil er eben der Held ist, den sie wollten.

Doch die eineinhalb Jahre Wartezeit auf die Wartezeit waren offenbar lange genug, all das zu vergessen. So lange jedenfalls, dass die Hoffnungen und Erwartungen an die letzte Staffel alles übersteigen, was innerhalb von sechs Folgen leistbar ist.

Was noch schwerer wiegt: Die Serie ist für die Fans berechenbar geworden. Das liegt natürlich auch daran, dass die Masse an Spekulierenden den "Code" der Serie zu großen Teilen entziffert hat und dadurch ganze Handlungsstränge vorauszusehen weiß (oder zum Teil wohl sogar bessere Ideen liefert als die Drehbuchautoren). Dass das so ist, ist Kompliment und Schwäche gleichermaßen: Einerseits gibt es wohl keine TV-Serie, die ihre Anhänger derart nach Theorien für das Finale graben lässt. Zumindest gemessen daran ist vieles - etwa die Entwicklung von Daenerys - tatsächlich etwas zu vorhersehbar.

Deshalb: Vielleicht etwas weniger Drama bei der Bewertung. Und wieder etwas mehr Vorfreude auf das, was in etwas mehr als einer Stunde Dauer passieren kann. Wer von dem Ende der Serie nicht schon im Vorhinein enttäuscht sein will, sollte Game of Thrones das machen lassen, was bislang acht Staffeln lang ziemlich gut gelungen ist: Die Zuschauer unterhalten.

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