Fußball-Quizfrage bei Sat 1:Kinderspiel für 50 Cent

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Wie dämlich darf eine Gewinnspielfrage sein? Beim Champions-League-Halbfinale forderte Sat 1 von seinem spielfreudigen Publikum wahrlich keine Höchstleistung. Kein Wunder - die Frage stammte auch nicht aus der "ran"-Redaktion.

Jens Schneider

Es war eine besondere Nacht, auch für Anhänger kniffliger Fragen. Als der FC Bayern München Ende April in Madrid um das Finale der Champions League kämpfte, erreichte Sat 1 mit der Übertragung einen Rekordwert. Fast 14 Millionen Menschen schalteten beim Elfmeterschießen zu.

In den üblichen Werbeblöcken gab es ein Gewinnspiel, das unter Fußballfreunden bereits legendär ist. Es steht für ein Phänomen, das man das "Maria-und-Josef-Paradoxon" nennen kann und wiederum zu einem großen Rätsel des Journalismus führt: Wie dämlich darf, muss eine Frage sein, damit sich möglichst viele Zuschauer für sie interessieren und sie schließlich dazu bringt, 50 Cent für einen Anruf im Gewinnspiel auszugeben?

Der Sender wollte wissen, ob im Team von Real "di Maria oder der Josef" mitkicke. Das muss einem erst einmal einfallen, abgesehen davon war es eine Frage, die niemand falsch beantworten konnte, der das Spiel sah und den Kommentar hörte. Di Maria war auf dem Platz tätig, aber kein Josef - na ja, José Mourinho, Reals Trainer, saß auf der Bank und betete später auf dem Rasen. Aber den meinte das Wortspiel nicht, und von Fußball braucht der Gewinn-Spieler auch überhaupt nichts verstehen. Das stellten Sat 1 und Kabel 1 bei den Live-Spielen der Champions- und Euro-League mit ihren unfassbaren Fragen zuletzt eindrucksvoll unter Beweis.

Es gibt eine Sache, bei der Fußball-Anhänger überhaupt keinen Spaß verstehen. Die Sache heißt: Fußball. Also, warum riskiert Sat 1 mit einem Gewinnspiel seinen Ruf beim Fan? "Wir möchten den Kreis der Zuschauer, die (am Gewinnspiel) teilnehmen können, möglichst groß halten. Auch Nicht-Experten sollten die Fragen leicht beantworten können", erklärte eine Sender-Sprecherin auf Anfrage.

Das Geschäftsmodell - Sat 1 macht dazu keine Angaben - scheint zu funktionieren. Andernfalls würde der kommerzielle TV-Veranstalter aus München nicht an ihm festhalten. Die Fragen seien natürlich mit einem Augenzwinkern zu verstehen, wird erwähnt. Das allerdings stand zu befürchten, neu ist die Erkenntnis, dass die ran-Redaktion, also die für die Übertragung zuständige Sportredaktion von Sat 1, auch von Zuschauern formulierte Fragen einsetzt. Die "Josef-und-Maria"-Frage beispielsweise stamme von einem Neunjährigen. Hätte man sich das denken können?

Da schließt sich der Kreis, der Ball ist rund, und auf die Maria-und-Josef-Frage gab es auch falsche Antworten - "aber in einer überschaubaren Zahl", ließ Sat 1 mitteilen. Überschaubar ist für Sat 1 gerade auch ein ganz schönes Wort.

© SZ vom 15.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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