"Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung":Herrschaftliche Serifen

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Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" hat ein neues Layout. Alles ist noch luftiger und die Anfangsbuchstaben der Ressortüberschriften ragen riesig heraus - ein ansehnlicher Beitrag zur praktischen und geistigen Inneneinrichtung der Mittelklassen.

Von Johan Schloemann

In neuer Gestalt erscheint die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung seit Sonntag. Warum, das ist zunächst nicht so klar, denn die FAS ist seit ihrem bundesweiten Launch im Jahr 2001 ein sehr gut gemachtes Sonntagsblatt: klar gegliedert, lesbar, ansprechend aufgemacht. Das Layout hat viele Preise bekommen.

Es schreiben dort interessante und originelle Autoren wie Ralph Bollmann, Rainer Hank, Volker Zastrow oder Julia Encke, um nur einige zu nennen. Die FAS wirft mal neues Licht auf Themen der Zeit, mal hilft sie kompetent bei der Auswahl trockener Weißweine, mal bestimmt sie die politische Agenda für den Wochenanfang.

Als Nebeneffekt ist der Wettbewerber Welt am Sonntag aus dem Hause Springer besser geworden - und die Samstags-FAZ langweiliger.

Aber so ist das nun mal mit Zeitungen: Einerseits gießen sie immer verschiedene Inhalte in immer wiederkehrende Formen. Sie wollen aber in ihrer Periodizität ungern erstarren, sondern auch mal wieder aufgefrischt aussehen.

Und mitunter müssen sie zeigen, dass sie weiter jung und spannend sind. Denn das Wochenende ist umkämpfter geworden ist: der Spiegel erscheint mittlerweile samstags und die Süddeutsche Zeitung tritt seit vergangenem Jahr mit einem neuen Wochenend-Konzept in Konkurrenz zu den etablierten Sonntagszeitungen.

Betonung der praktischen und ästhetischen Vorzüge von Druck und Papier

Jedenfalls ist die Auflage der FAS, nach Jahren des Aufstiegs, im ersten Quartal dieses Jahres auf 288 123 Exemplare gesunken. Im Jahr zuvor lag sie im gleichen Zeitraum bei 319 864.

Wenn Zeitungen und Zeitschriften heute neben den digitalen Vertriebswegen auch als Print-Produkt weiterleben wollen - was gar nicht so unmöglich ist, wie man in den Anfangsjahren des Internets dachte -, dann müssen sie die praktischen und ästhetischen Vorzüge von Druck und Papier stärker herausstellen.

Das sieht man mittlerweile bei vielen Blättern am Design: Die Auftritte von Texten, Fotos, Grafiken werden großzügiger, zugleich wird die Buchstabenhaftigkeit stolz hergezeigt. Mitunter fällt das etwas übertrieben aus - jede einzelne Letter prunkt dann mit herrschaftlichen Serifen, und die Initialen am Textanfang werden so groß wie in mittelalterlichen Prachthandschriften.

Die Anfangsbuchstaben rufen: Die Gutenberg-Ära ist noch nicht zu Ende!

In genau diese Richtung geht nun auch das neue Aussehen der FAS. Verantwortlich ist Peter Breul, der 61-jährige Art Director, der einst bei dem legendären Designer Willy Fleckhaus studiert und als Grafiker beim früheren FAZ-Magazin angefangen hat.

Alles ist noch etwas luftiger, die Spalten sind breiter. Die Anfangsbuchstaben der Ressortüberschriften ragen riesig heraus und rufen: Die Gutenberg-Ära ist noch nicht zu Ende! Das Fraktur-F des Zeitungsnamens wird zum Logo, und auf der Titelseite wird in sehr großen roten Buchstaben daran erinnert, dass die Sonntagszeitung SONNTAGS erscheint. Die Signalfarbe soll wohl ausdrücken: Wir wollen definieren, was man am Tag des Herrn zu lesen hat.

Dazu werden fortan Schwerpunktthemen, aber auch die Stärken der FAS im Bereich "Leisure" ausgebaut: Es gibt neue Familienseiten, das "Leben" folgt jetzt gleich nach der Politik, und "Drinnen & Draußen" heißt jetzt "Wohnen". Insgesamt ein sehr ansehnlicher Beitrag zur praktischen und geistigen Inneneinrichtung der Mittelklassen.

© SZ vom 15.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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