Fernsehen:Beatrice Egli ist Gottschalk und Helene Fischer in einem

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Bei ihrem ersten Auftritt bei Deutschland sucht den Superstar lachten die anderen Kandidaten über Beatrice Egli, die vor der Jury einen Schlager sang. Heute hat vor allem Egli Grund zu lachen. (Foto: Maurizio Gambarini/dpa)

Sie hat "Deutschland sucht den Superstar" gewonnen - und trotzdem Karriere gemacht. Bei der ARD soll Egli die Lücke füllen, die der "Musikantenstadl" hinterlassen hat.

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Der jüngste Gewinner der RTL-Castingshow Deutschland sucht den Superstar, Prince Damien, weiß, was er von seiner beruflichen Zukunft erwarten kann. Schon vor seinem Sieg hatte er an den Sender geschrieben, er wolle gern ins Dschungelcamp. "Jetzt stehen meine Chancen bestimmt besser, dass ich da mal reinkomme", sagte er der Webseite starflash.de. "Ist doch megacool im Dschungel zu wohnen und Challenges zu machen."

An der eigentlichen "Challenge", Superstar werden, scheitern diese Sieger, genau wie kein "Topmodel" es je zum Topmodel geschafft hat. Berühmt werden die, über die gelacht wird: der Flummi Daniel Küblböck aus der ersten Staffel oder Menderes Bağcı, der 13 Mal vorsang, ohne je die Liveshows zu erreichen. Immerhin das mit dem Dschungel hat geklappt: In diesem Jahr wurde Menderes Dschungelkönig.

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Von Dieter Bohlen ist man einiges gewohnt, aber der Song "Glücksmoment", geschrieben für DSDS-Sieger Prince Damien, ist dann doch überraschend. Eine Textanalyse.

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Auch über die Schweizerin Beatrice Egli haben sie gelacht am Anfang. 2013 beim Casting für die zehnte Staffel von Deutschland sucht den Superstar (DSDS) stand sie drinnen vor der Jury, Und morgen früh küss ich dich wach von Helene Fischer, und draußen im Warteraum weinten die Mitbewerber vor Lachen: Was für ein Freak - Schlager! Was aus den mobbenden Teenies wurde, ist nicht bekannt. Egli jedenfalls gewann und wurde tatsächlich eine Art Star - ein Schlagerstar mit eigener Fernsehsendung: Beatrice Egli - Die große Show der Träume, die das Erste am Samstag zeigt.

Soll Egli jüngere Zuschauer zum Einschalten animieren?

Erwartet hat sie das nicht: "Ich dachte, das geht vielleicht ein Jahr gut, und dann stehe ich wieder in der Metzgerei", sagt die Fleischertochter aus Pfäffikon im Kanton Schwyz beim Treffen in einem Berliner Hotel. Stattdessen: ein Echo als beste Newcomerin, eine Tournee mit Carmen Nebel, vier Studioalben, als nächstes wieder eine große Tournee mit ihrem neuen Album Kick im Augenblick, das zweite, das ohne Mitwirkung von Dieter Bohlen entstand.

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Das ZDF holt mit Schlager und volkstümlicher Musik immer noch Millionen vor die Fernseher - erst in dieser Woche verlängerte der Sender den Vertrag mit Helene Fischer. Im Ersten hatte man auf das zur Stadlshow verjüngte Musikantenstadl gesetzt - und scheiterte. Soll Egli die Lücke füllen, die dadurch entstanden ist und dasselbe versuchen: jüngere Zuschauer zum Einschalten zu animieren?

Es ist die einzige Frage, bei der die sonst stets warm lächelnde Egli nicht nur Freude zeigt. Immer noch sehr freundlich, aber etwas leiernd spult sie die Antwort ab: "Wir werden alle älter. Warum sollte es dann nicht auch Fernsehen für ältere Leute geben?", und deutlicher: "Immer nur nach dem Jungen zu streben, halte ich für falsch." Zu Andy Borg, dem das Erste das Musikantenstadl abgenommen hatte, hat sie ein gutes Verhältnis: man habe sogar schon überlegt, ob er nicht mal bei ihr auftreten könnte.

Keine Schlager auf Schwyzerdütsch

Egli will mit ihrer Sendung die ganze Familie erreichen. Das sagt sie, das merkt man aber auch an der etwas wilden Mischung aus Musikgästen von Roland Kaiser über Zucchero und die deutsche Band Glasperlenspiel bis hin zu der albanischen Popsängerin Era Istrefi, deren Lied Bonbon gerade ständig im Radio läuft und die beinahe so klingt wie Rihanna. Eigentlich sollte auch Matthias Reim bei Egli singen, aber sein Auftritt wurde später aus der "Live-on-tape" aufgezeichneten Sendung herausgeschnitten: Er sei auf der Bühne wegen einer Kreislaufschwäche zusammengebrochen, wie der Sender später mitteilte.

Auch Moderatorin Egli selbst singt in der Show, ist sozusagen Thomas Gottschalk und Helene Fischer in einem: "Bitte, bitte verführ mich, als wär's ein Überfall". Das alles übrigens in sauberem Hochdeutsch. Bei Schlagern auf Schwyzerdütsch "kracht es mir zu viel im Hals", sagt sie.

Das zweite Element der Show sind junge "Talente": Normalos, die gut singen, zaubern, turnen oder Steirische Harmonika spielen können. Per "Drücker" unter den Sitzen stimmt das Saalpublikum am Ende über den Sieger ab - was zunächst furchtbar altmodisch wirkt. Aber immerhin müssen die Zuschauer auf diese Weise nicht wie beim Telefonvoting warten, bis irgendwelche "Leitungen" geschlossen werden, die es in Wahrheit ja auch längst nicht mehr gibt.

Im vergangenen Jahr, als ihre Sendung zum ersten Mal lief, schalteten gut 2,5 Millionen Zuschauer ein. Kein totaler Flop, aber unter Quotengesichtspunkten eben auch kein Riesenerfolg. Ob diesmal mehr einschalten, vielleicht sogar die viel umworbenen jüngeren Zuschauer, darf bezweifelt werden - schon deshalb, weil zur selben Zeit auf ProSieben eine Raab-hafte Fußball-Spaß-Show läuft und bei RTL Promis hypnotisiert werden.

Beatrice Egli schaut selbst kaum noch Fernsehen, was allerdings auch ihren Terminen geschuldet sein dürfte: "Wenn ich Zeit habe, gucke ich in der Mediathek einen Film von Rosamunde Pilcher." Das ist zumindest bemerkenswert für eine 26-Jährige, passt aber zu den Anekdoten, dass sich die kleine Beatrice in der sechsten Klasse, als alle ein Lied vorsingen sollten, Die Hölle ist heiß von Michelle aussuchte, und dass sie ihren ersten Liebeskummer mit Liedern von Brunner & Brunner überwand. Die Texte von englischen Popstars seien oft auch nicht tiefgründiger, sagt Egli. Und es ist ja auch keine Schande, sich nach ein bisschen heiler Welt zu sehnen.

Schlager war für Egli die einzig ehrliche Wahl

Als Außenseiterin hat sich Beatrice Egli mit ihrer Lust auf Schlager nie gefühlt - und selbst wenn: Es hätte sie nicht gestört, sagt sie. Bei DSDS wollte einer aus der Jury wissen, ob sie eigentlich auch andere Lieder singen könnte. "Alles Schlager!" antwortete Egli, und damit war das Thema durch.

Schlager mag vielleicht nicht megacool sein. Aber für sie war es die einzig ehrliche Wahl. Gut möglich, dass genau das der Grund ist, warum sie die einzige DSDS-Absolventin ist, die tatsächlich dabei ist, Karriere zu machen. Als Sängerin und vielleicht auch als Moderatorin. Das Dschungelcamp jedenfalls ist für sie keine Option: "Da möchte ich nicht hin."

Beatrice Egli - Die große Show der Träume , ARD, Samstag, 20.15 Uhr.

© SZ vom 03.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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