Maya Götz leitet seit 16 Jahren das Internationale Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen des Bayerischen Rundfunks. Mit Kinderfernsehen kennt sich die Medienwissenschaftlerin auch privat aus, die 48-Jährige hat selbst zwei Töchter.
SZ: Frau Götz, ab wann dürfen Kinder überhaupt Fernsehen?
Maya Götz: Fernsehen macht ab etwa zwei Jahren Sinn. Vorher sehen die Kinder einzelne Bilder, erkennen Charaktere, verstehen aber die Zusammenhänge nicht. Es ist ein bisschen, als würden sie in ein Kaleidoskop schauen: Das eine oder andere erkennen sie, der Gesamteindruck ist aber einfach nur schön bunt.
Und was sollten sie gucken?
Bei Sendungen für die Kleinsten kommt es auf vier Dinge an: eine einfache, altersgerechte Geschichte, kurze Szenen, die ihrer Aufmerksamkeitsspanne entsprechen und klare Bilder. Zeichentrickserien und -filme sind in diesem Alter am geeignetsten. Deshalb waren damals auch die Teletubbies so erfolgreich.
Oft gibt es in Comics humoristische Elemente. Verstehen Kinder diese Späße?
Den Humor von Vorschulkindern zu treffen, ist extrem schwierig. Außerdem müssen Fernsehmacher aufpassen, wie eine Figur in der Serie handelt. Kleine Kinder verzeihen einem Charakter nicht, wenn er moralisch falsch handelt, sie sind ganz entsetzt darüber, wenn sie von den Eltern etwas gelernt haben - und das Verhalten der Figuren dem nicht entspricht. Mädchen mögen es zum Beispiel nicht so gerne, wenn eine männliche Figur einen weiblichen Charakter ärgert. Nach dem Motto: "Das darf der doch gar nicht!" Ohnehin ist das Fernsehen für Vorschulkinder das falsche Medium, um zu lernen. Sie erforschen die Welt eher durch Tasten, Schmecken, Tun. Trotzdem kann Fernsehen diese Entdeckungsreise zusätzlich fördern, wenn die Sendungen zum Mitmachen anregen.
Ist es nicht förderlicher, sich mit Kleinkindern zu beschäftigen, statt sie vor den Fernseher zu setzen?
Natürlich. Aber das Medium Fernsehen gehört heute zum Alltag in den meisten Familien. Kinder davon fernzuhalten, ist fast unmöglich. Es sollte aber eines klar sein: Fernseherziehung muss anfangen, sobald Kinder den Fernseher entdecken.
Was meinen Sie mit Fernseherziehung?
Auch wenn es dazu verleitet: Eltern sollten nicht einfach den Fernseher einschalten, nur damit sie ihre Ruhe haben. Bei Kindern im Vorschulalter sollten Eltern bestenfalls mitgucken, mitsprechen, mitmachen. Da ist der Lerneffekt viel höher. Das Wichtigste beim Einschalten ist das Ausschalten. Es muss klar sein, dass ein oder zwei Sendungen geguckt werden und danach Schluss ist. Wenn Eltern das vorher festlegen, müssen sie sich natürlich auch daran halten. Konsequenz ist wichtig: Man kann Kindern nicht am einen Tag die Fernsehzeit verlängern und am nächsten wieder verkürzen. Das funktioniert nicht.