"Das aktuelle Sportstudio - Die Doku":Verhärtete Fronten

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Ziel von Anfeindungen: Dank der finanziellen Unterstützung des Milliardärs Dietmar Hopp stieg der Dorfverein TSG Hoffenheim in die Bundesliga auf. (Foto: Maja Hitij/Getty Images)

Keinen Meter aufeinander zu: Eine ZDF-Dokumentation macht verständlich, worum sich der erbitterte Konflikt zwischen Fußball-Mäzen Dietmar Hopp und der Fanszene dreht.

Von Martin Schneider

Die entscheidende Frage dieser Dokumentation stellt ZDF-Moderator Jochen Breyer ganz am Anfang dem Fußballfan Jan-Henrick Gruszecki. Sie lautet: "Worum geht's in diesem Konflikt eigentlich genau?" Und wie gut die Frage ist, merkt man an Gruszeckis Reaktion, der erstmal durchpustet und sagt: "Oh Gott, wo fangen wir an?"

Breyer hat einen Film über einen vielschichtigen Streit im deutschen Fußball gedreht. Jener eskalierte Konflikt zwischen dem Milliardär Dietmar Hopp und großen Teilen der organisierten Fanszene in Deutschland, den vor allem Menschen, die sich mit Fußball eher nebenher beschäftigen, meist mit verständnislosem Kopfschütteln quittieren. 44 Minuten sendet das ZDF am Samstag um 23.30 Uhr auf dem Sendeplatz des Aktuellen Sportstudios das Format Das aktuelle Sportstudio- Die Doku, und um es vorwegzusagen: Die beiden Autoren Breyer und Jürn Kruse haben es geschafft, dass man am Ende eine Ahnung davon bekommt, worum es geht und warum beide Seiten kaum einen Meter aufeinander zugehen.

Die Ultras sagen: Da kauft sich jemand in "unseren" Sport ein

Wo fängt man an? Vermutlich am besten am Anfang. Hopp, Mitbegründer des Software-Riesen SAP, führt seinen Jugendklub, den Dorfverein TSG Hoffenheim, mit viel Geld in die Bundesliga. Organisierte Fans von Traditionsvereinen, Ultras genannt, lehnen das ab - sie sagen: Da kauft sich jemand in "unseren" Sport ein. Sie protestieren, beleidigen Hopp auch persönlich. Das kommt im Fußball vor, Bayern-Manager Uli Hoeneß, Torwart Oliver Kahn, sie alle wurden über die Jahre übel beschimpft. Aber Hopp will das nicht akzeptieren - er klagt, stellt Strafanzeige gegen einzelne Fans, sieht Grenzen überschritten.

Der Konflikt brodelt vor sich hin, ebbt mit dem Aufstieg des vom Getränkeherstellers Red Bull finanzierten Klubs RB Leipzig sogar wieder ab - bis der Deutsche Fußball-Bund (DFB) nach heftigen Plakaten im Fanblock von Borussia Dortmund, die unter anderem Hopps Konterfei im Fadenkreuz zeigten, erst eine Blocksperre auf Bewährung verhängt - und nach erneuten Plakaten den ganzen Block sperrt. Eine "Kollektivstrafe" (es werden alle für das Fehlverhalten weniger bestraft), die der DFB, so ein zentrales Versprechen im Rahmen eines Fan-Dialogs, nicht mehr anwenden wollte. Unterschiedliche Fan-Gruppen solidarisieren sich, protestieren heftig und schmähend gegen Hopp und den DFB, bis das Spiel zwischen dem FC Bayern und der TSG Hoffenheim nach Plakaten der Bayern-Ultras kurz vorm Abbruch steht - der bisherige Höhepunkt des Konflikts. Danach fegt Corona die Stadien leer, und seitdem pausiert auch der Streit. Weil es Wichtigeres gibt und weil der Boxring gesperrt ist, sozusagen.

Nach dem Bayern-Spiel wird auch Breyer selbst in die Geschichte involviert - als Moderator des ZDF-Sportstudios erlaubt er es Hopp, sich per Videobotschaft zu den Vorkommnissen zu äußern. Kritische Nachfragen sind so nicht möglich, es hagelt Kritik, vor allem aus der Fanszene.

Man muss Breyer lassen, dass er diesmal fast alle beteiligten Parteien vor die Kamera bekommen hat und der Konflikt aus verschiedensten Sichtweisen erzählt wird: Vertreter der Ultra-Szene wie Gruszecki oder zwei Mitglieder der Münchner Gruppe "Schickeria", die sich sehr selten persönlich äußern, Hopps Anwalt Christoph Schickhardt, den Fan-Anwalt Stefan Witte, Hopp-Freund Uli Hoeneß, dazu den Ex-DFB-Präsidenten Reinhard Grindel und dessen damaligen Vize Rainer Koch. Man lernt etwas über die Fankultur der Ultras, ihre Beweggründe, Werte und Widersprüche, über den Machtkampf beim DFB und ein bisschen auch über Dietmar Hopp. Doch für den sprechen in der Doku andere - denn er selbst ist der einzige Protagonist, der sich nicht äußern wollte.

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