Nun suchen sie wieder. Nein, sie jagen natürlich. Man fragt sich zwar, was es mit Jagd zu tun hat, wenn drei Wissenschaftler Hinweisen auf den Verbleib des legendären Bernsteinzimmers nachgehen und dabei an etliche optisch üppig ausgestattete Orte reisen, kommt dann aber schnell zurück auf das filmische Vorbild Indiana Jones, das ja auch nach dem verlorenen Schatz gejagt und nicht gesucht hat. Außerdem wurde im Jahre 2008 schon nach dem Schatz der Nibelungen und 2010 nach der Heiligen Lanze gejagt, was am Ende der aufwendigen Filme regelmäßig zum Untergang des gesuchten Objekts führte, dafür aber die RTL-Quoten in Markanteilsregionen um die 20 Prozent beförderte.
Nun soll es also das Bernsteinzimmer sein. Fünf Millionen Euro und 41 Drehtage hat das neue Großprojekt verschlungen, das seinen Vorgängern in nichts nachsteht. Wieder ist der Archäologe Eik Meiers (Kai Wiesinger) unterwegs, wieder hängen seine Frau Katharina (Bettina Zimmermann) und sein gewitzter Adlatus Justus (Fabian Busch) mit drin. Und wieder ist ihnen ein Bösewicht auf den Fersen, der sich unbegrenzte Macht erhofft, wenn er das Objekt der Begierde vor den wackeren Wissenschaftlern in seinen Besitz bringt.
Das ist erneut groß in Szene gesetzt mit vielen Unwahrscheinlichkeiten, rasanten Cliffhangern und erwartbaren Wendungen. Knapp 110 Minuten lang geht es quer durchs Land, von den Dünen bei St. Peter Ording über Wannsee-Villen bis hin zum Leipziger Völkerschlachtdenkmal und in die Hallen des Deutschen Museums in München. Viel hilft viel haben sich die Macher der Produktionsfirma Dreamtool offenbar gedacht und aus einem Wissenschaftler-Abenteuer einen veritablen Popcorn-Comic gefertigt.
Wie Pilcher auf Speed
Da wird Einsteins Tasche gefunden und so manches Denkmal zerlegt. Heissa, was für eine Aufregung. Andauernd stehen die drei Forscher irgendwo herum und starren auf irgendetwas, bevor es wieder Krachbumm macht und es weiter zur nächsten Station geht. Eine Rolle spielt auch Einsteins Enkelin, deren Verhalten die Story komplett hanebüchen geraten lässt. Aber um Story geht es hier ohnehin nicht, es geht um Effekte, um Boah-Momente und alberne Anwandlungen. Für letztere ist vor allem Bettina Zimmermann zuständig, die mal wieder wie bestellt und nicht abgeholt durch den Film stapft und Sätze sagen muss wie "Wenn ich nur ab und zu so einen Kuss bekomme, bekommst du von mir alle Zeit, die du brauchst." Das wirkt ein bisschen wie Pilcher auf Speed.
Ab und an versucht der Regisseur Florian Baxmeyer jene Spur Ironie auszulegen, die den Indiana-Jones-Filmen den Reiz des komplett Durchgeknallten verleiht, aber leider hält der hoch gelobte Studenten-Oscar-Gewinner dieses Vorhaben immer nur kurz durch. Dann stürzt der Film wieder ab ins Krachbummkunstgewerbe, dann beginnt erneut die Suche, Entschuldigung, die Jagd nach dem originellen Stil.
Die Jagd nach dem Bernsteinzimmer, Sonntag, 20.15 Uhr RTL