ARD-Krimis im Norden:Am bösen Wasser

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Die Großmutter eine Mörderin, die Tochter Kommissarin - und eine aufmuckende Enkelin. In Mörderhus ist jede Figur eine gefährliche Untiefe. (Foto: NDR)

In der ARD spielen gleich zwei Krimis an der Ostsee, sind aber sehr verschieden. In "Mörderhus" gibt es nur Melancholiker, in "Nord bei Nordwest" treten aufgeregte Spaßvögel auf. Nur einer hat sich offenbar in den falschen Film verirrt.

Von Nicolas Freund

Die Mörderin ist schon da. Sie wohnt in dem alten Geisterhaus. Ein Rollstuhl dümpelt neben dem Steg im Eiswasser, dahinter ankern ein paar abgetakelte Segelschiffe wie in einem Bild von Caspar David Friedrich. Usedom ist tieffrostig.

Zum Glück ist in dem anderen Krimi aus der selben Region in der nächsten Woche noch Sommer: Henny Reents und Marleen Lohse sorgen dort gemeinsam mit Hinnerk Schönemann, der irgendwie Polizist und Tierarzt zugleich ist, ab sofort für Ordnung und für Stimmung.

Mit Mörderhus und Nord bei Nordwest bringen ARD und NDR gleich zwei neue Ostsee-Krimireihen ins Programm: Auf der Eis-Insel Usedom muss Lisa Maria Potthoff als Kommissarin Julia Thiel ihre Mördermutter aushalten, die ehemalige Staatsanwältin Karin Lossow (Katrin Sass). Die wohnt im "Mörderhus", dort hat sie vor Jahren ihren Mann erschossen. Mit der Dienstwaffe der Tochter. Die ist über die Rückkehr der Mutter aus dem Knast wenig begeistert. Zu tun hat sie auch so schon genug: Mit einer pubertierenden Tochter, die sich aus Protest gegen Gasförderungen an Aussichtstürme kettet, und einer Affäre mit einem polnischen Kollegen ist sie gut ausgelastet. Und eigentlich müsste auch mal einer aufklären, warum Thomas, der im Rollstuhl sitzt, im Hafenbecken ertrinken musste. Wollte sich jemand an ihm rächen? Bei dem Unfall, der ihn in den Rollstuhl brachte, hat er zwei Mädchen tot gefahren. Das weiß die ganze Insel.

Als wäre die Tierarztpraxis ein Feldlazarett

Um Kommissarin Thiel sammelt sich eine Dorfgemeinde, in der wie in einem Stephen-King-Roman jeder Bewohner sozusagen eine Leiche im Keller hat. "Die Großmutter, eine Killerin, unterstützt ihre Enkelin, einen gewaltbereiten Ökofreak", regt Thiel sich auf. Jede Figur ist eine gefährliche Untiefe. Der Film lotet sie nur vorsichtig aus und die Krimihandlung dümpelt auch etwas vor sich hin. Mörderhus ist eine typische Pilotfolge, die viele interessante Figuren einführt, aber eigentlich schon nach der Fortsetzung der Geschichte Ausschau hält. Nur die schnöselige Lokalpolitikerfamilie passt eigentlich besser zu den Polizei-Tierärzten aus Nord bei Nordwest.

Dort neigen nämlich auch alle zum Overacting. Dorfpolizistin Lona Vogt (Reents) hält hemdsärmelig und ein wenig trampelig die Dorfjugend in Schach. Sonst ist in ihrem Küstenrevier nicht viel los. Der Kriminalfall bleibt halbherzig. Ein Papagei sagt komische Sachen. "Wir sind doch nicht scheintot, wir sind nur in Schwanitz." Die andere Rothaarige, Jule Christiansen (Lohse), betreibt die örtliche Tierarztpraxis so aufgeregt, als wäre es ein Feldlazarett. "Der ist tot? Der hat doch eine Katze zu Hause, die muss versorgt werden."

Beide nehmen sich des verschlossenen Hauke Jacobs (Schönemann) an, der ans Meer abgewandert ist, weil er seine Ruhe haben will. Da wäre er vielleicht besser nach Usedom gezogen, zu den anderen Melancholikern.

Mörderhus - Der Usedom-Krimi , ARD, Donnerstag, 30.Oktober, 20.15 Uhr und Nord bei Nordwest - Käpt'n Hook , ARD, Donnerstag, 6. November, 20.15 Uhr.

© SZ vom 29.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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