Andrew Breitbart:Die Wutmaschine

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Andrew Breitbart ist ein Dompteur der öffentlichen Meinung - wenn es um Amerikas Rechte geht. Mit seinem Blog polarisiert der Kalifornier und treibt etablierte Medien vor sich her.

Tobias Moorstedt

Andrew Breitbart ist ein guter Name, um im amerikanischen Showgeschäft Karriere zu machen. Breitbart, das ist Actionheldenmaterial, Eisenfaust, Haudrauf, Schwarzenegger. Breitbart, das klingt nach einem Kerl mit kantigem Kinn, dem richtigen Mann für den harten Job.

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Andrew Breitbart hätte sich keinen Künstlernamen ausdenken können, der besser zu seinem Imagepassen würde als sein eigener.

(Foto: Getty Images)

Andrew Breitbart, 41 Jahre alt, der in Los Angeles einen Schwarm konservativer Nachrichtenseiten mit Namen wie "Big Government" oder "Big Hollywood" betreibt, hätte sich keinen Künstlernamen aussuchen können, der so gut ist wie sein echter Name. Breitbart. Das erinnert an Blaubart, den Mann mit dem langen Messer. Oder Blackbeard, den Piraten. Mit seinen Weblogs entert Breitbart den politischen Diskurs wie eine Fregatte. Auf seinen Seiten blinkt zwar kein Totenkopfbanner, aber sie verbreiten trotzdem Angst und Schrecken.

An einem ganz normalen Tag stehen auf der Webseite biggovernment.com unter anderem folgende Schlagzeilen: "Ist der Kapitalismus noch zu retten?" Oder: "Obama in Verbindung gebracht mit radikaler Untergrundgruppierung".

Kampf gegen "die da oben"

Andrew Breitbart ist in nur zwei Jahren zu einer der einflussreichsten Stimmen des konservativen Lagers in den USA geworden. Der früh ergraute Autor ist eine telegene Figur mit einem Talent fürs Marketing. Das "Big"-Label für seine Websites ist inzwischen eine politische Marke geworden. Breitbart steht auf der Seite des kleinen Mannes und kämpft: gegen Big Government, Big Hollywood, Big Journalism, die da oben. Mittlerweile hat er rund zehn Millionen Leser, und lässt sogar New York Post und Fox News, die gut geölte Abteilung Attacke aus dem Hause Rupert Murdoch, alt aussehen. Breitbart ist skrupelloser und radikaler als andere Kommentatoren. Im hysterischen 24-Stunden-Nachrichtenstrudel des 21. Jahrhunderts ist das ein Wert für sich.

Vor einigen Wochen gelang Breitbart und biggovernment.com der bislang größte Scoop. Er veröffentlichte ein Video, das eine afroamerikanische Spitzenbeamtin scheinbar dabei zeigte, wie sie über ihre Vorurteile gegen weiße Amerikaner spricht. Das Video gelangte in nur wenigen Minuten von Breitbarts Webseite in die Heavy Rotation der Nachrichtensender. Auch seriöse Medien wie die New York Times oder CBC berichteten. Und die Beamtin musste sich live im Fernsehen fragen lassen: "Sind Sie eine Rassistin?" Noch bevor jemand den Rücktritt der Frau fordern konnte, meldet das Weiße Haus ihre Entlassung. Erst Tage später fand eine Lokalzeitung das komplette Videoband der Rede, und stellte fest, dass der zuvor bekannte Schnipsel irreführend war, und die Beamtin eigentlich eine rührende Ansprache gehalten hatte - gegen Rassismus. Aber da war der Schaden längst angerichtet, und der politisch-mediale Komplex hatte sich mal wieder blamiert. Punktsieg Breitbart.

Andrew Breitbart hatte das Video stark bearbeitet und so die Aussage manipuliert. Die Texte und Filme auf seinen Big-Webseiten sind dermaßen oft verzerrt, dass diese Arbeitsweise im amerikanischen Medienbetrieb bereits den Status eines eigenen Verbs eingenommen hat: "to breitbart" bedeutet laut der Webseite wordnik.com übersetzt so viel wie: "eine Aussage aus politischen Motiven absichtlich aus dem Kontext reißen".

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie Breitbart in die Geschichtsbücher eingehen will.

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