Ägypten:Tod in Kairo

Der Fall des ermordeten italienischen Studenten lässt auch Italien nicht zur Ruhe kommen: Am Wochenende forderten Aktivisten von Amnesty International in Mailand "Wahrheit für Giulio Regeni". (Foto: Mourad Balti Touati/dpa)

Im Fall eines ermordeten italienischen Doktoranden hat ein ägyptischer Polizeioffizier Strafanzeige gegen die Agentur Reuters erhoben. Es wäre das prominenteste Verfahren gegen westliche Journalisten seit Langem.

Von Paul-Anton Krüger

Die Nachrichtenagentur Reuters muss in Ägypten wegen eines Berichts über die Ermordung des italienischen Doktoranden Giulio Regeni mit Strafverfolgung rechnen. Ein Polizeioffizier stellte am Freitag Strafanzeige wegen der Verbreitung gefälschter Nachrichten gegen den Kairoer Büroleiter der Agentur, wie am Wochenende bekannt wurde. Es wäre das prominenteste Verfahren gegen westliche Journalisten seit dem Al-Jazeera-Prozess. Die Strafverfolger haben noch nicht entschieden, ob sie Anschuldigungen gegen Reuters oder einzelne Journalisten erheben. Noch sammle man Informationen, hieß es. Reuters teilte mit, man stehe zu dem Bericht.

Die Angaben in dem am Donnerstag veröffentlichten Artikel stützten sich auf sechs anonyme Quellen in der Polizei und im Sicherheitsapparat. Diese sagten übereinstimmend, Regeni sei am 25. Januar zunächst auf eine Polizeistation gebracht und später an die Staatssicherheit überstellt worden. Der Text macht keine Aussagen dazu, wer Regeni getötet hat. Das Innenministerium bestreitet vehement, dass Regeni festgenommen wurde. Regeni war am Jahrestag der Revolution von 2011 auf dem Weg zu einer Feier verschwunden; Tage später fand ein Taxifahrer seine Leiche am Stadtrand von Kairo. Sie trug Spuren schwerster Folter. Der Fall hat zu diplomatischen Verwerfungen geführt; Italien rief seinen Botschafter zu Beratungen zurück, nachdem Ägypten sich weigerte, von Italien geforderte Informationen über die Ermittlungen herauszugeben.

© SZ vom 26.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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