Doku über den Hohenzollernstreit:Millionenschwere Ansprüche

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Georg Friedrich Prinz von Preußen vor der Burg der Hohenzollern bei Hechingen. (Foto: Tita von Hardenberg / Kobalt Pro/ZDF und Tita von Hardenberg / Ko)

Eine 3-Sat-Doku fächert klug und differenziert den jahrelangen Streit um die Rückgabe- und Entschädigungsansprüche der Hohenzollern auf.

Von Harald Eggebrecht

Es begann 1990 mit Louis Ferdinand von Preußen, damals Chef des Hauses Hohenzollern, als er Eigentumsrückgabeansprüche stellte, die nach dem Fall der Mauer 1989 möglich geworden waren. Dann hat es etwas gedauert, bis der heutige Chef der Familie, Georg Friedrich Prinz von Preußen, ganz dem Großvater Louis Ferdinand verpflichtet, die Forderungen aufgriff und an den Bund und das Land Brandenburg richtete. Nun dauert der Streit um Entschädigung und Rückgabe jener zahlreichen Immobilien und Kunstwerke aller Art, die nach 1945 in der sowjetisch besetzten Zone enteignet oder nach Russland verbracht wurden, schon jahrelang.

Haben die Hohenzollern "dem nationalsozialistischen System erheblichen Vorschub" geleistet?

Grundlage für die millionenschweren Ansprüche Georg Friedrichs ist das Ausgleichsleistungsgesetz von 1994. Es hat daher Anhörungen und Gutachten gegeben, bei dem Fachhistoriker zu unterschiedlichen Einschätzungen gekommen sind, was den entscheidenden Einwand gegen eine Rückgabe von Enteignetem angeht. Es gibt nämlich eine Unwürdigkeitsklausel im Ausgleichsleistungsgesetz, dass Ansprüche null und nichtig sind, wenn der Antragsteller "dem nationalsozialistischen System erheblichen Vorschub geleistet hat". Das haben Hohenzollern wohl getan, wenn man die Anbiederungen und Werbungen für Hitler etwa des einstigen Kronprinzen Wilhelm, des ältesten Sohnes des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. und Urgroßvaters von Georg Friedrich, Anfang der Dreißigerjahre des vorigen Jahrhunderts betrachtet.

Die Dokumentation Die Schätze des Kaisers vor Gericht von Tita von Hardenberg auf 3 Sat hat den Vorzug, dass sie nüchtern und kühl die verschiedenen Positionen gegenüberstellt und keine vorschnellen Lösungen anbietet. Da sieht man den Hohenzollern-Chef Georg Friedrich auf dem Stammsitz, der Burg Hohenzollern bei Hechingen, ganz sympathisch, ruhig und zurückhaltend, keineswegs erscheint er als präpotenter frech fordernder Adliger dessen, was ihm vermeintlich von Rechts wegen zusteht. Dagegen zögert Wolfgang Thierse, ehemaliger Bundestagspräsident, nicht, die Erfüllung eines solchen Ansinnens für unvertretbar zu halten, es wäre ein Skandal in den Augen des Volkes. Der Historiker Lothar Machtan weist auf die fatale Rolle des ehemaligen Kronprinzen Wilhelm im Zusammenhang mit den Nazis hin.

Im Laufe der Doku verändert sich der Blick auf Georg Friedrich Prinz von Preußen. Der ist keineswegs so zahm, wie er zuerst scheint, hat er doch Journalisten und Wissenschaftler mit Bußgeld bewehrten Unterlassungsklagen überzogen wegen fehlerhafter Formulierungen, die nicht der Wahrheit entsprächen. Da es sich dabei eher um Undeutlichkeiten und Unschärfen handelt, mehrt sich der Eindruck, Hohenzollern wolle mit juristischen Schritten die Lesart seines Hauses durchdrücken und auf Berichterstattungen und Veröffentlichungen einschüchternd einwirken. So sieht es Eva Schlotheuber, Vorsitzende des Verbandes der Historiker und Historikerinnen Deutschlands, klärende Gespräche wären notwendig, aber Hohenzollern müsse erst die Klagen fallen lassen. Jetzt wird es vor Gericht gehen. Jedenfalls vermittelt die Dokumentation ein unaufgeregtes, ziemlich klares Bild der Interessenlagen, bei denen Geschichte, Moral und Millionensummen kompliziert ineinander verwoben sind.

Die Schätze des Kaisers vor Gericht, 3-Sat-Mediathek.

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