Mr. Corman bei Apple TV+:Magischer Realismus

Pressebils Serie "Mr. Corman", Apple TV+

Potenziell eine große Irritation des Alltags: ein Date. Juno Temple und Joseph Gordon-Levitt in "Mr. Corman".

(Foto: Apple TV+/Apple TV+)

Kleine Irritationen: Joseph Gordon-Levitt sucht in seiner neuen Serie nach dem Wunderbaren des Alltäglichen.

Von Anke Sterneborg

Wie aus einer winzigen Irritation eine existenzielle Frage entstehen kann, die ein ganzes Leben infrage stellt, damit beginnt Mr. Corman. Eine kleine Begegnung im Laden hat für Josh (Joseph Gordon-Levitt) alles verändert, eine telefonierende Frau hinter ihm in der Schlange, die ihren Freitag mit der Aussicht auf einen Abend in der Kneipe aufregend fand, hat ihn aus seinem Trott katapultiert. Im Grunde nicht viel, und doch die ganze menschliche Existenz, mit all ihren Zweifeln, Ängsten, Hoffnungen, Enttäuschungen. Chaotisch wie das Leben, das sich auch nicht in die Dramaturgie eines Drehbuchs oder die Regeln eines Genres fügt, wechselt auch die Serie Stimmung und Farbe, ist mal Drama, mal Komödie, mal surreales Märchen, kreist um Josh, widmet aber auch mal eine ganze Folge seinem Kumpel Victor (Arturo Castro).

Der Schauspieler Joseph Gordon-Levitt ist 40 und vor nicht allzu langer Zeit Vater geworden. Grund genug, sich ein paar Gedanken über das Leben zu machen, eine kleine Midlife-Crisis seriell zu verarbeiten. Und wie schon bei seinem Regiedebüt Don Jon, in dem er einen Pornosüchtigen spielte, zeigt sich der Star auch hier als Jedermann und setzt sich den Blicken der Kamera ziemlich schutzlos und völlig uneitel aus. Josh ist eine fiktionalisierte Version von Joseph, in der Serie ist er nicht Schauspieler, sondern Lehrer einer fünften Klasse. Lehrer würden ja nur Leute, die eigentlich etwas anderes wollten, und aufgegeben haben, frotzelt eine Frau nach einem schiefgelaufenen Date. Tatsächlich gehört Joshs Leidenschaft der Musik, das Tüfteln mit Tonaufnahmen ist die Rahmenhandlung jeder Folge.

In der letzten Folge zeigt sich, dass ein Flirt auch in den sterilen Zeiten von Zoom flirren kann

Joseph Gordon-Levitt hat die zehnteilige Serie als Creator, Co-Autor, Hauptdarsteller, ausführender Produzent und Regisseur der meisten Folgen angestoßen und viel von den Synergien eingebracht, die er seit 2010 in seiner Medien-Firma Hitrecord entwickelt. Ihre Wurzeln hat die Serie in der alltäglichen Wirklichkeit, treibt zugleich aber auch Blüten in der Fantasie von neurotischen Ängsten, bösen Träumen und surrealen Märchen, ein bisschen so. So spielt eine Folge verschiedene Versionen von Joshs Leben durch, in einer Welt, in der Häuser zu Sitzmöbeln werden und Wohnungen mit überdimensionalen Dingen ausgestattet sind.

Die Idee war, aus dem eigenen Leben zu schöpfen und ganz bequem zu Hause in L. A. zu drehen. Drei Wochen lang klappte das auch, doch dann wurde die Produktion durch Corona ausgebremst, und musste nach sechs Monaten Zwangspause nach Neuseeland verlagert werden. Die Drehbücher wurden angepasst, Mr. Cormans Unterricht auf den Bildschirm verlegt und in der letzten Folge zeigt sich, dass ein Flirt auch in den sterilen Zeiten von Zoom flirren kann. Die Art, wie hier einfachste Situationen einen Zauber entwickeln, wie einem ganz normale Menschen ans Herz wachsen und aus alltäglichem Wortgeplänkel tiefgründige Wahrheiten über das Leben entstehen, macht den besonderen Charme der Serie aus.

Jeweils freitags zwei neue Folgen auf Apple TV

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