Trans Europe Footrace:"Für mich ist das übermenschlich"

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Beim Trans Europe Footrace laufen die Teilnehmer 4500 Kilometer - ist das noch gesund? Ein Gespräch mit dem betreuenden Arzt.

Jochen Temsch

Länger und härter als beim Trans Europe Footrace geht Laufen nicht: Start war am 19. April im süditalienischen Bari, Ziel ist das 4500 Kilometer entfernte Nordkap, am 21. Juni. Die Teilnehmer legen täglich etwa 70 Kilometer zurück und laufen jeweils acht bis zehn Paar Schuhe durch. Medizinisch betreut werden sie von Uwe Schütz. Der Facharzt für Orthopädie erforscht, wie extremes Laufen wirkt, und erklärt, was Anfänger vom Laufen haben.

Von Süd nach Nord: Die Teilnehmer des Transeuropalaufs legen 4500 Kilometer zurück. (Foto: Foto: oh)

SZ: 4500 Kilometer - kann ein Mensch so eine Strecke tatsächlich laufen?

Uwe Schütz: 2003 kam bei einem transeuropäischen Rennen von Lissabon nach Moskau rund die Hälfte der Teilnehmer an. Für mich ist das übermenschlich. Natürlich haben die Läufer Schmerzen.

SZ: Wie lange halten sie die aus?

Schütz: Unterschiedlich. Bis zur 25.Etappe sind 13 der 68 Teilnehmer ausgestiegen, hauptsächlich wegen Problemen mit der Streckmuskulatur des Fußes. Es gibt aber auch mentale Probleme.

SZ: Gesund klingt das nicht.

Schütz: Wer hier mitmacht, will sich beweisen, dass er es kann, das hat mit Gesundheitssport nichts zu tun. Wer nur fit bleiben will, sollte höchstens bei einem Halbmarathon starten.

SZ: Warum ist Laufen gesund?

Schütz: Herz und Kreislauf profitieren. Man bekommt Appetit auf Gesundes, weniger auf Fette und Süßigkeiten. Laufen reguliert den Stoffwechsel, die Schlafqualität nimmt zu, langfristig nimmt man ab, die Durchblutung verbessert sich und die Stimmung hellt sich auf - weil man sich körperlich wohler fühlt.

SZ: Was sollten Anfänger beachten?

Schütz: Sie sollten mit kurzen Distanzen beginnen und sich langsam steigern, aber regelmäßig zwei- bis dreimal die Woche laufen. Gutes Schuhwerk ist wichtig, am besten zwei Paar verschiedene Schuhe. Nach dem Laufen sollte man sich dehnen und gut regenerieren.

SZ: Die Teilnehmer des Rennens dagegen können sich nicht lange ausruhen.

Schütz: Das ist genau das Problem. Aber nach einem Tag Pause wäre es noch schlimmer für sie.

SZ: Wie bereitet man sich darauf vor?

Schütz: Diesen Lauf kann man nicht trainieren, man kann nur darauf hinarbeiten - mit rund 100 Trainingskilometern pro Woche, viel Erfahrung und ein paar körperlichen Grundvoraussetzungen. Man darf etwa keine X- oder O-Beine haben. Aber gegen Überlastungsbeschwerden gibt es kein Training.

SZ: Wie viele Teller Nudeln müssen die Läufer jeden Tag essen?

Schütz: Das kann man so nicht sagen. Die Läufer brauchen Kohlenhydrate, Eiweiß, Elektrolyte - das ist eine Gratwanderung zwischen Magenproblemen und Energieaufnahme. Und egal, wie viel sie essen: Am Ziel wiegt jeder zehn bis 30Prozent weniger. Sie vollbringen eine unglaubliche Leistung, und obwohl ich die Läufer jeden Tag sehe, kann ich nicht nachvollziehen, wie die das machen.

© SZ vom 18.05.2009/bilu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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