Tiere:Mehr als nur Grasfresser: Deutschlands letzte Wildpferde

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Dülmen (dpa/tmn) - Zwischen Bäumen und Birkengestrüpp sieht man die graubrauen Ponys oft erst auf den zweiten Blick: Mitten im dicht besiedelten Westfalen leben die Dülmener Wildpferde. Sie sind ideale Reit- oder Kutschpferde und können sogar Erwachsene tragen.

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Dülmen (dpa/tmn) - Zwischen Bäumen und Birkengestrüpp sieht man die graubrauen Ponys oft erst auf den zweiten Blick: Mitten im dicht besiedelten Westfalen leben die Dülmener Wildpferde. Sie sind ideale Reit- oder Kutschpferde und können sogar Erwachsene tragen.

Schon seit Jahrhunderten sind die Dülmener Wildpferde hier zu Hause: im Merfelder Bruch, einem Moor- und Heidegebiet nahe der Kleinstadt Dülmen. Doch die Existenz der wenigen Ponys ist bedroht: Weil es nur noch einige hundert Tiere gibt, wurde der Dülmener zur gefährdeten Nutztierrasse des Jahres 2014 gekürt. Damit will die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (GEH) die Tiere bekannter machen: „Der Dülmener ist eine der ältesten Pferderassen überhaupt“, erklärt GEH-Geschäftsführerin Antje Feldmann.

Genau genommen sind die Dülmener keine Wildpferde, sondern verwilderte Haustiere. „Schon vor 1000 Jahren haben die Menschen Hauspferde in die hier lebenden Wildpferdeherden eingekreuzt“, erzählt Friederike Rövekamp. Sie ist Försterin im Merfelder Bruch und führt Besucher durch das Naturschutzgebiet.

Das knapp 400 Hektar große Areal ist ein Überbleibsel des früheren Lebensraumes der Pferde. In dieser Gegend lebten die Dülmener über Jahrhunderte wild, ohne begrenzende Zäune und Besitzer. Das änderte sich Mitte des 19. Jahrhunderts, als die gemeinschaftlichen Flächen in Privatbesitz übergingen. Zu dieser Zeit schufen die Herzöge von Croÿ den letzten Dülmenern im Merfelder Bruch ihr Reservat, das bis heute existiert.

Wie andere wildlebende Tiere sind auch die Dülmener im Merfelder Bruch auf sich gestellt. Wenn sie krank sind oder Fohlen zur Welt bringen, müssen sie ohne menschliche Hilfe klarkommen. Nur im Winter füttert Friederike Rövekamp zu. „Sonst würden die Pferde Rinde und Knospen fressen und damit den Wald kaputt machen.“

Der Appetit der Dülmener auf Baumtriebe kommt den Naturschützern in der Lüneburger Heide hingegen gerade recht. Hier sorgt eine Herde von ungefähr 30 Pferden dafür, dass Büsche und Bäume nicht zu groß werden. Auch in Naturschutzgebieten in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Ostniedersachsen halten die Dülmener das Gras kurz.

Doch Dülmener können mehr als Gras und Rinde fressen, sagt Katja Stephan von der Interessengemeinschaft des Dülmener Wildpferdes (IG Dülmener). Sie muss es wissen, zusammen mit ihrer Familie hält sie sieben Dülmener als Reit- und Kutschpferde. „Dülmener sind sehr robust, brauchen wenig Futter und sind selten krank. Man kann sie reiten, vor die Kutsche spannen und mit ihnen auf Turniere gehen.“

Ihr ausgeglichenes Temperament und die robuste Gesundheit machen die Dülmener zu idealen Familien- und Freizeitpferden. Ähnlich wie die wesentlich bekannteren Isländer, können auch Dülmener erwachsene Reiter tragen.

Auch den Umzug aus der Wildherde in einen Offenstall nehmen die Pferde laut Stephan gelassen hin. „Nach drei bis sieben Tagen kann man das Tier in eine Pferdegruppe integrieren, ohne dass es sich später nicht wieder einfangen lässt.“

Wer zu Hause keinen Platz für einen Dülmener hat, kann die Pferde im Merfelder Bruch in ihrer natürlichen Umgebung besuchen. Am Wochenende grast die Herde auf einer umzäunten Wiese, die für Besucher zugänglich ist. Von Montag bis Freitag bietet die Herzog von Croÿ'sche Verwaltung Führungen für angemeldete Gruppen an.

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