Tempel-Schatzfund in Kerala:Gold, Geschmeide, Götter

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Wie konnte dieser Schatz so lange verborgen bleiben? Die Entdeckung unvorstellbarer Schätze in einem indischen Tempel verblüfft Archäologen - kiloweise historische Goldmünzen, eine meterlange Kette, eine riesige Götterstatue, eine Krone, Edelsteine im Überfluss: Erst in einigen Tagen wird man den Wert des Funds wirklich ermessen können.

Tobias Matern, Neu-Delhi

Der erste Blick in den unterirdischen Gang enttäuschte: Schlamm überzog das Kellergewölbe, das der Öffentlichkeit seit mehr als 100 Jahren verborgen geblieben war. Auf einen Schatz deutete zunächst nichts hin. Doch unter der matschigen Oberfläche stießen die Experten im Sri-Padmanabhaswamy-Tempel auf unvorstellbare Kostbarkeiten: Sie fanden kiloweise historische Goldmünzen, Diamanten, eine mehrere Meter lange Kette, eine riesige Götterstatue, eine Krone, Schalen, Rubine und Smaragde im Überfluss.

In der indischen Presse meldete sich bereits ein Vertreter der Regierung zu Wort: In der hinduistischen Tempelanlage in Thiruvananthapuram, der Hauptstadt des südindischen Staates Kerala, seien sicher Schätze im Wert von umgerechnet mehr als sieben Milliarden Euro aufgestöbert worden. Auf der Internetseite der Heiligenstätte erschien am Sonntag sogar ein Bericht, der den vorläufigen Wert der Fundstücke auf fast das Doppelte bezifferte - jedoch ohne konkrete Quellenangabe.

Sollten sich die ersten Schätzungen bestätigen, wäre es die Tempelanlage mit dem größten Vermögen des Landes. Ob die Zahlen zu hoch gegriffen sind, wird sich aber erst in den kommenden Tagen zeigen. Sechs Kellergewölbe hat der Tempel, nur zwei waren der Öffentlichkeit bisher regelmäßig zugänglich. Einen der verborgenen Räume hat ein siebenköpfiges Team nun auf Anordnung des Obersten Gerichts durchforstet. Ein weiteres, bislang geheimes Gewölbe will man sich diese Woche noch vornehmen. Dann erst werden Archäologen die Funde genauer begutachtet haben und ihren Wert besser beziffern können. Viele der Fundstücke seien von unschätzbarem Sammlerwert, in Geld ließen sie sich aber nur schwer messen, sagte ein Jurist, der bei der Begehung der Anlage anwesend war, der BBC.

Der Ministerpräsident von Kerala ordnete an, die Polizei müsse die Anlage von nun an rund um die Uhr bewachen. Kameras und Alarmanlagen sollen potenzielle Diebe abschrecken. Pilger zeigten sich im indischen Fernsehen erbost über die verschärften Sicherheitsmaßnahmen. "Wir kommen seit Jahren an diesen Tempel und konnten frei und ohne Einschränkungen beten - nun wird nichts mehr so sein wie vorher", sagte eine Frau. Statt zahlreicher Eingänge soll der heilige Ort nur noch von einer Seite zugänglich sein, um die Besucherströme besser kontrollieren zu können. Metalldetektoren werden zum Einsatz kommen, um die Angestellten, Priester und Gäste zu durchleuchten.

Der Sri-Padmanabhaswamy-Tempel geht in seiner jetzigen Form auf das 16.Jahrhundert zurück. Die Könige des damaligen Travancore ließen die Anlage für Vishnu erbauen, den hinduistischen Gott der Erhaltung. Um ihn zu ehren, so lautet die bisherige Erklärung, häuften die Monarchen und Pilger die Reichtümer an, die später im Keller in Vergessenheit gerieten. Als die britischen Kolonialherren Indien 1947 in die Unabhängigkeit entließen und sich vom Subkontinent zurückzogen, schloss sich Travancore mit dem Prinzenstaat Cochin zusammen. Sie bildeten einen Vorläufer des heutigen indischen Unionsstaates Kerala. Der Tempel fiel einer Stiftung zu, den die Nachkommen der einstigen Monarchen anführen.

Das höchste Gericht von Kerala hatte aber kürzlich einem Anwalt recht gegeben, der argumentierte, die Stiftung könne nicht mehr für die Sicherheit an der Tempelanlage sorgen. Daher solle von nun an der Staat Kerala für die Heiligenstätte zuständig sein. Das Oberste Gericht setzte daraufhin ein siebenköpfiges Expertenteam ein, das in den verborgenen Kellerräumen Nachforschungen anstellen und den Tempel begutachten sollte. Damit begannen sie vergangene Woche. Der Maharadscha von Travancore, Nachfahre der einstigen Herrscher und auch Vorsitzender der entmachteten Tempel-Stiftung, hatte sich gegen den Gerichtsbeschluss gewandt - allerdings ohne Erfolg.

© SZ vom 04.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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