Stephanie zu Guttenberg:Mrs. Tatendrang

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Der politische Familienbetrieb der zu Guttenbergs ist einzigartig in Deutschland - nicht zuletzt, weil die Bismarck-Nachfahrin ihre Rolle neu erfunden hat.

Stefan Kornelius

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hätte es sich wohl nicht träumen lassen, dass er eines Tages mit seiner Frau Stephanie im Wettstreit um die öffentliche Gunst stehen würde. Rhetorisch korrekt, wie die Guttenbergs nun mal sind, würden sie allerdings einen Wettbewerb dementieren, sich wechselseitig der bestmöglichen Unterstützung versichern und anschließend Benefizveranstaltungen und Soldatengottesdienste gemeinsam besuchen. Ein Paar in höchster Symbiose, eine politische Zwillingserscheinung mit Ehering - das gab es in dieser Schlagkraft in Deutschland nur selten. Nur die Schröders, Gerd und Doris, kommen noch in den Sinn, wenn Vergleiche über den perfekten politischen Familienbetrieb angestellt werden müssen. Zu den Clintons in Amerika ist noch etwas Luft.

Stephanie zu Guttenberg, Ehefrau von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), hat nicht nur dem kuscheligen Kulmbacher Landleben, sondern auch dem Wirken im Hintergrund Adieu gesagt. (Foto: dapd)

Stephanie zu Guttenberg, 33, ist eine politische Frau (was bei der Ururenkelin von Otto von Bismarck nicht verwundern mag), hat sich aber bislang wenig von der Hysterie um ihren Mann anstecken lassen. Erstaunlich distanziert reagierte sie auf die Blitzkarriere des Gatten, konnte und wollte sich dann aber nicht dem Glanz entziehen, der auch ein Stück weit ihretwegen entstanden war.

Früh schon entschieden die Guttenbergs, mit Kindern und Haushalt Quartier in Berlin zu suchen. Männliche Bundestagsabgeordnete hielten es zuvor eher umgekehrt: Der Politiker entschwand unter der Woche in die Hauptstadt, die Gattin hielt Wacht im Wahlkreis. Der bayerische Landkreis Kulmbach aber bietet nicht die Spielfläche, die auch eine Stephanie zu Guttenberg braucht.

Jetzt hat sie ein Buch veröffentlicht ( Schaut nicht weg), mit dem sie ihr Terrain absteckt: der Kampf gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern, ein Werk über die Symptome, über Prävention, über Heilung und auch eine Mahnschrift gegen gesellschaftliche Verrohung, die sich im Alltagsgebrauch von Pornographie zeigt. Lady Gaga, Heidi Klum - das sind falsche Vorbilder für junge Leute, schreibt sie in Bild, wo man die so Kritisierten sonst durchaus schätzt.

Studiert hat Stephanie zu Guttenberg Textilwirtschaft und Betriebswirtschaftslehre, sie spricht fünf Sprachen und zeigt sich ähnlich instinktsicher in der Öffentlichkeit wie ihr Mann. Ihre frühen Interviews entfalteten noch die einschläfernde Wirkung einer Ayurveda-Kur - da wimmelt es nur so von kuscheligen Momenten, vom Familienglück, dem Landleben in Bayern, der Freundschaft zu Katie Holmes (nebst Tom Cruise) und der großen Tasse Tee. Jetzt stehen das intensive Engagement für den Verein "innocence in danger" (dessen Präsidentin sie ist) und das Schicksal missbrauchter Kinder im Vordergrund.

Stephanie zu Guttenberg entwirft in dem Buch und in Interviews ein Familienbild, das sich auch hilfreich für ihren Mann auswirkt. Da ist nachzulesen, wie der moderne Konservativismus funktionieren soll, für den Karl-Theodor zu Guttenberg in diesen Tagen steht: AC/DC und Verdis Requiem, Glamour und Familie. Eine "moderne Konservative" sei sie, sagt Frau zu Guttenberg, die Tradition schätze. Denn Tradition sei ja nicht, "die Asche zu bewahren, sondern das Feuer weiterzugeben".

© SZ vom 16.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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