Richtig sonnen:"Die Haut vergisst nichts"

Braun sein gilt in unseren Breiten als Schönheitsideal. Dabei gehen wir zu leichtsinnig mit der Sonnenstrahlung um, sagt Dermatologin Ingrid Moll und gibt Tipps zum richtigen Sonnen.

Mirja Kuckuk

Professor Ingrid Moll ist Direktorin der Dermatologie und Venerologie des Universitästklinikums Hamburg-Eppendorf. Sie gibt Tipps, wie man sich schonend sonnt.

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So viel Röte trägt die Haut nach: Sie summiert die Strahlung, der sie ausgesetzt wird.

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sueddeutsche.de: Früher cremte man sich mit Lichtschutzfaktor zehn ein, heute sind es mindestens 25 oder 30 - aus Angst vor verstärkter Sonnenstrahlung. Trotzdem setzen wir uns damit in die pralle Mittagssonne. Gehen wir zu leichtfertig mit unserer Haut um?

Ingrid Moll: Viele Menschen gehen noch viel zu lässig mit der Sonnenstrahlung um. Zwar ist die UV-C-Strahlung, die das Ozon absorbiert, in unseren Breiten kaum angestiegen. Dennoch ist ihre Wirkung nicht zu unterschätzen. Die Braunfärbung der Haut ist bereits eine Schutzfunktion der Haut auf übermäßige Besonnung. Die weiteren akuten Auswirkungen wie den Sonnenbrand, die Dermatitis solaris, nehmen wir mittlerweile als selbstverständlich hin. Auch chronische Lichtschäden wie Hautalterung, Faltenbildung, Unelastizität und Pigmentstörungen sind alltägliche Folgen. Die schlimmste behandeln wir in der Klinik: den Hautkrebs.

sueddeutsche.de: Leberflecken gelten als Hautkrebsrisiko. Wie geht man mit ihnen um?

Moll: Man sollte seine Leberflecken einer fachärztlichen Kontrolle unterziehen. Der Hautarzt stellt fest, ob Sie gefährdet sind und regelmäßig zur Kontrolle kommen müssen. Grundsätzlich sollte man Leberflecken nicht der Sonne aussetzen, denn sie können aktiviert werden. Das heißt, sie beginnen zu wachsen, sich zu verändern und können zu einem malignem Melanom, einem Krebs, werden.

sueddeutsche.de: Wie sehen gefährdete Leberflecken aus?

Moll: Ab einer Größe von fünf Millimetern sollte man Obacht geben. Dringende Warnsignale: Wenn sich Flecken plötzlich vergrößern, Ausläufer bekommen und verfärben. Rote Farbtöne sollte ein Leberfleck niemals haben! Je nach Hauttyp sind gesunde Leberflecken hell- bis schwarzbraun. Außerdem sollten sie einheitlich gefärbt sein. Die rötliche Färbung geht häufig mit Juckreiz einher. In diesen Fällen sollte dringend ein Hautarzt aufgesucht werden. Es muss sich nicht gleich um Hautkrebs handeln, aber es ist bereits eine akute Aktivierung, die in ein Melanom übergehen kann.

sueddeutsche.de: Wie lange darf man sich denn der Sonne aussetzen?

Moll: Da gibt es keine generelle Empfehlung, das hängt vom Hauttyp und der Sonnenintensität ab. Ein hellhäutiger rothaariger Mensch vom Hauttyp 1 verträgt sehr viel weniger Strahlung als der brünette Hauttyp 3. Egal welcher Typ, gehen Sie am besten morgens oder abends in die Sonne, nicht mittags. Hautärzte bieten sogenannte Sun Watches an. Mit diesen Messungen kann festgestellt werden, wieviel Sonnenstrahlen Sie bereits abbekommen haben, um in einem vernünftigen Maß zu bleiben. Denn: Die Haut vergisst nichts. Sie summiert die Sonnenstrahlen - dadurch werden wir altern vorzeitig und bekommen häufig Hautkrebs.

sueddeutsche.de: Was zeichnet eine gute Sonnencreme aus und wie oft sollte man sich eincremen?

Moll: Eine gute Sonnencreme besitzt einen klaren Lichtschutzfaktor im UVA- und UVB-Bereich. Eine weitere verlässliche Kennzeichnung ist der "Australische Standard". Cremen Sie sich eine halbe Stunde vor dem Sonnen ein, damit die Creme in die obersten Hautschichten dringen kann. Sonnenmilch mit Lichtschutzfaktor zwei macht natürlich keinen Sinn - der Schutz ist verflogen, noch ehe Sie sich ein Sommerkleid übergezogen haben und vor die Tür gegangen sind. Der Schutzfaktor ist nur gültig ab einer gewissen Dicke des Auftragens, denn das meiste geht bereits durch Reibung an der Kleidung und Schwitzen verloren. Bereits eine halbe Stunde nach dem Auftragen ist die Wirkung passé. Um tatsächlich durch Creme geschützt zu sein, müsste man sich mehrmals täglich extrem dick einschmieren. Das ist leider praktisch gar nicht möglich. Auch der häufig gehörte Satz, die Haut habe einen Eigenschutz von bis zu 30 Minuten, stimmt nicht.

sueddeutsche.de: Was schlagen Sie alternativ vor?

Moll: Lange leichte Sommerkleidung. Baumwolle oder Leinen bieten im Nu einen Lichtschutzfaktor von 40 bis 50. Gerade Kinder sollten im Sommer vernünftig angezogen sein, sie bekommen leichter Sonnenschäden, da die Barrierefunktionen der Haut noch nicht ausgebildet sind.

sueddeutsche.de: Was tun, wenn es zu spät ist und man sich verbrannt hat?

Moll: Bei leichten Sonnenbränden helfen Feuchtigkeitslotionen, die sogenannte Aftersun, und Salben aus der Apotheke, die antientzündliche Wirkstoffe und mildes Kortison enthalten. Schwere Verbrennungen, wenn die Haut hochrot ist und Blasen wirft, sollte ein Hautarzt mit einer verschreibungspflichtigen Kortison-Creme behandeln. In schlimmen Fällen werden Kortison-Tabletten verabreicht.

sueddeutsche.de: Kann man die Haut durch die Ernährung auf die Sonne vorbereiten?

Moll: Wer sich in die Sonne legt, sollte generell viel trinken, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Vor Sonnenbrand schützt das aber nicht. Ebenso wenig das Trinken von Karottensaft. Die Haut verfärbt sich zwar bräunlich, doch das sind Karotin-Ablagerungen, die keinen Schutz vor Hautschäden bedeuten. Man sagt, Radikalenfänger - bestimmte Vitamine - in der Nahrung sollen die Haut günstig beeinflussen. Aber es ist nicht nachgewiesen, wieviel man konsumieren müsste, um einen nennenswerten Effekt zu erzielen. Momentan wird ein Mittel aus einem bestimmten Farn-Extrakt auf dem Markt angepriesen. Aber auch zu solchen Methoden rate ich nicht.

sueddeutsche.de: Was geben Sie Sonnenanbetern mit auf den Weg?

Moll: Ich möchte vor allem Glatzenträger daran erinnern, ihren Kopf einzucremen. Männer hören das nicht gern, aber die Glatze wird häufig vernachlässigt und ungeschützt der Sonne ausgesetzt. Wer nicht cremen will, sollte einen Hut tragen!

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