Kino:Preiswürdig

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Filmfestivals gibt es nicht nur für Erwachsene. Beim "Goldenen Spatz" in Erfurt und Gera entscheidet eine Kinderjury, welcher Film gewinnt.

Von Kathleen Hildebrand

Ein großer Tisch mit zwölf Stühlen, darauf Getränke, Gläser und kleine Snacks. Es sieht aus, wie es eben aussieht, wenn sich wichtige Leute beraten - zum Beispiel die Jury eines großen Filmfestivals. Der Unterschied: Anstelle von Mineralwasser steht hier Fanta auf dem Tisch, statt trockener Kekse gibt es Brausepulver und Kaubonbons. Die wichtigen Leute am Tisch sind Kinder zwischen acht und 13 Jahren: die Kinderjury des Festivals Goldener Spatz. "Es war witzig", sagt ein Mädchen über einen Film, den sie gerade zusammen gesehen haben. Von einem anderen ist ein blonder Junge weniger begeistert. Er meldet sich und sagt: "Die Tricks sahen nicht realistisch aus."

Die Kinderjury sieht sich in dieser ersten Juniwoche im Lauf von fünf Tagen 37 Filme und Fernsehsendungen an. Nicht alle sind so lang wie ein Kinofilm - manche sind Kurzfilme und dauern nur wenige Minuten. Trotzdem dauert es sehr lange, alle anzusehen. Die Kinder sitzen jeden Tag um die sechs Stunden im Kinosaal. Am Ende der Woche müssen sie entscheiden, welcher Film der beste ist, welcher Schauspieler einen Preis verdient hat und welche in ihren Augen die beste Kindersendung im Fernsehen ist. Für Spiele und Internetseiten gibt es jeweils eine eigene Kinderjury. Damit sich die Kinder vor der Preisverleihung auf einen Gewinner einigen können, erzählen sie sich gegenseitig, was sie an den Filmen gut fanden, die sie gesehen haben - und was ihnen nicht gefallen hat. Das ist eine ernste Angelegenheit. Zu Beginn des Festivals legen sie einen feierlichen Schwur vor einem riesigen, vollen Kinosaal ab: Sie versprechen, niemandem zu verraten, was sie über die Filme gesagt haben. Nicht den Eltern, nicht den Freunden und keinen Journalisten.

In diesem Jahr hatten sich 644 Kinder beworben, um Mitglied in der Jury zu sein. 24 wurden ausgewählt, so wie die elfjährige Jenna aus Erfurt. "Ich habe mich vorher noch nie irgendwo beworben", sagt sie, "aber es hat gleich geklappt." Sie findet es aufregend, in der Jury zu sein. Nach den Filmen sind oft Schauspieler da und beantworten Fragen. "Das ist total toll", sagt Jenna. Die Jurymitglieder kommen aus allen Bundesländern, aus der Schweiz, Österreich, Liechtenstein, Südtirol und Belgien. Für viele ist der Weg nach Gera weit. Zum Beispiel für Elias aus Südtirol. Seine Eltern haben ihn nach München gefahren, von dort haben ihn Betreuer nach Gera begleitet. Da wohnen alle Jurykinder zusammen in einem Hotel. Elias ist nicht ganz so begeistert vom Festival: "Ich finde es langweilig, dass wir so viele kurze Filme schauen müssen." Lieber wären ihm lange, so wie sein Lieblingsfilm "Der Hobbit 3". Dafür findet Elias andere Dinge aufregend: "Ich war noch nie so lange allein weg von zu Hause", sagt er. "Gestern sind wir erst halb zwölf ins Bett gegangen. Bis dahin hab ich gelesen."

© SZ vom 13.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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