Familien-Newsletter:"Es ist eine Vollkatastrophe"

Lesezeit: 2 min

Eltern von Kita-Kindern können auf Planungssicherheit hoffen. (Foto: Friso Gentsch/dpa)

Deutschland befindet sich mitten in der Kita-Krise, die alle trifft: Erzieherinnen, Eltern, Arbeitgeber und kinderlose Kollegen. Wer hat Schuld - und was muss jetzt passieren?

Von Felicitas Wilke

Dieser Text stammt aus dem Familien-Newsletter der Süddeutschen Zeitung, der jeden Freitagabend verschickt wird. Hier können Sie ihn abonnieren.

Liebe Leserin, lieber Leser,

diese Zeilen kann ich nur schreiben, weil mein Mann gerade unseren kleinen Sohn von der Kita abgeholt hat. Die Krippe musste früher schließen, mehrere Pädagoginnen sind krank. Ein Problem, das Sie vielleicht auch kennen: Im ganzen Land können Krippen und Kindergärten gerade nicht die gebuchten Betreuungszeiten einhalten, weil Erzieherinnen und Erzieher heiser und hustend zuhause liegen oder Fachkräfte vor lauter Erschöpfung gleich gekündigt haben. An uns Eltern ist es dann, abends noch mal den Laptop aufzuklappen oder, wo das nicht möglich ist, Arbeit an Kolleginnen oder Kollegen abzugeben. Kurzum: "Es ist eine Vollkatastrophe."

Diesen Satz hat Irina Prüm gesagt, die sich im Vorstand der Bundeselternvertretung der Kinder in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege (BEVKi) engagiert. Mit ihr habe ich für diesen Text über die Kita-Krise gesprochen. Sie sagt: Die Folgen des Fachkräftemangels in Kitas spüren Mütter und Väter im ganzen Land, in großen Städten und Ballungsräumen noch heftiger als in der Provinz. Ähnlich wie andere Expertinnen und Experten glaubt sie, dass wir in Deutschland auch deshalb eine Kita-Krise erleben, weil sich Bund, Länder und Kommunen nicht einig sind, wer für die derzeitige Lage und deren Lösung zuständig ist.

Mit den Folgen haben nicht nur Eltern zu kämpfen, die im Berufsleben stehen. Meine Kollegin Kerstin Bund hat es vor ein paar Wochen in ihrem Essay treffend beschrieben: "Unter der Kita-Katastrophe leiden (...) Patienten, die nicht mehr versorgt werden. Alte, die nicht gepflegt, Kundinnen, die nicht bedient werden." Denn: "Mütter und Väter, sind, oh Wunder, nicht bloß Eltern. Sie sind auch Ärztinnen, Altenpfleger, Verkäufer, Busfahrerinnen, Lehrer, Fabrikarbeiterinnen."

Seit zehn Jahren steht Eltern für ihr Kind hierzulande ein Betreuungsplatz ab dem vollendeten ersten Lebensjahr zu. Aber Rechtsanspruch hin oder her: Wenn es im Alltag nur noch selten gelingt, ihn einzulösen, haben letztlich weder die Eltern noch die Kinder noch die Arbeitgeber viel davon. Ich will gerade nicht die Chefin sein, die einem kinderlosen Kollegen mal wieder einen Extra-Auftrag zuschustern muss, weil die Mütter und Väter in der Belegschaft ständig früher gehen müssen. Als Eltern phasenweise keinen Feierabend mehr zu haben, weil man abends verpasste Arbeit nachholen muss, macht allerdings auch keinen Spaß.

Es ist höchste Zeit, dass Bund, Länder und Kommunen sich gemeinsam Lösungen gegen den Personalmangel und den miserablen Betreuungsschlüssel in vielen Krippen und Kindergärten überlegen. Allerdings glaube ich, dass auch die Arbeitgeber mehr gegen die Kita-Krise tun könnten als das bislang der Fall ist. In einem Kommentar habe ich geschrieben, warum ich das so sehe - und weshalb sich meiner Meinung nach auch die Unternehmen selbst einen Gefallen tun, wenn sie sich an die Seite der Eltern stellen.

Ich wünsche Ihnen in diesen Wochen ein starkes Netz an unterstützenden Großeltern, Freundinnen oder Nachbarn und verständnisvolle Vorgesetzte.

Ein schönes Wochenende wünscht

Felicitas Wilke

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